Land des Todes
Küchenherd im Dorf gesprochen wurde.
Sein chronisch schlechter Gesundheitszustand war gemeinhin bekannt, und ich war nicht die Erste, die diesen mit Linas jugendlichem Fluch in Verbindung brachte – der ja ebenfalls kein Geheimnis war und durch ihre jüngste Veränderung neue Gerüchte entfacht hatte. Als eine der Masko besuchenden Frauen durchklingen ließ, dass er impotent sei, führte das zu allerlei Heiterkeit auf Maskos Kosten, und die Frage, wo ihn überall Furunkel plagten, galt als verbreiteter Scherz.
Ich hatte mehr Anlass als die meisten, Masko nicht zu mögen, dennoch konnte ich diese obszönen Spekulationen nicht hören, ohne dabei Unbehagen zu empfinden, und manchmal ertappte ich mich gar dabei, dass ich ihn fast bemitleidete. Noch vor dem Winter war er nahezu allein: Seine Spielfreunde ließen ihn ob seiner Krankheit im Stich, und letztlich waren meine Mutter und Kush die einzigen Bediensteten, die in seinem Haushalt verblieben.
Am Tag, an dem die junge Lina geboren wurde, verschlechterte sich Maskos Zustand jäh und dramatisch: Er erlitt am Kartentisch eine Art Anfall. Man trug ihn als Todgeweihten in sein Bett, und der Arzt wurde aus dem Schlaf geholt, um sich seiner anzunehmen. Am nächsten Tag erholte er sich ausreichend, um das Krankenlager zu verlassen. Unwirsch entließ er den Arzt und wandte sich wieder dem Alkohol zu, zumal er behauptete, er hülfe ihm mehr als die Tränke irgendeines Quacksalbers. Ich vermute, der Alkohol trug dazu bei, seine körperlichen Schmerzen zu lindern. Und obwohl er nach den Maßstäben seiner Standesgenossen schon immer ein schwerer Trinker gewesen war, rief er mittlerweile schon in dem Moment, in dem er morgens die Augen aufschlug, nach Rakiund trank stetig vor sich hin, bis er abends im Vollrausch einschlief.
Maskos Verfall verlief beängstigend schnell. Sein einziges Interesse galt dem Spielen, und da Damek den ganzen Tag lang zur Verfügung stand, spielte er mit ihm so lange Karten, wie Damek bleiben wollte. Meine Mutter erzählte mir, dass Masko jeden Morgen wie ein Wahnsinniger nach Damek brüllte, bis sie beide am Tisch saßen und die Karten austeilten. Und Damek spielte so lange mit ihm, bis Masko mit dem Gesicht voraus auf den Tisch plumpste, besinnungslos vor Erschöpfung und Raki. Nach jedem Spiel bestand Damek darauf, dass meine Mutter eine Schale mit warmem Wasser füllte. Sodann wusch er sich gründlich die Hände mit Seife, als hätte er schmutzige Arbeit verrichtet.
Maskos Gegenwart war unbestreitbar kein Vergnügen. Er stank, als verrotte sein Körper von innen heraus, und wenn er nicht gerade spielte, erfüllte ihn ständig Wut. Meine Mutter besuchte die Manse oft nur, um alldem zu entfliehen: Das Rote Haus hatte sich in ein Fegefeuer verwandelt. In jener Woche nahm ich Irli einmal mit dorthin, um meiner Mutter beim Großreinemachen zu helfen, da sie die viele Arbeit allein einfach nicht mehr schaffte. Als wir das Rote Haus wieder verließen, sah ich Masko mit eigenen Augen. Ich war entsetzt darüber, wie sehr er sich verändert hatte. Er hatte stark an Gewicht verloren, die Haut schien in großen Falten an ihm herunterzuhängen, und er war übersät von Eiterbeulen.
Eines Morgens, etwa zehn Tage nach seinem Anfall, befand sich Masko in der Frühstücksstube und brüllte wie üblich, dass Damek zum Kartenspielen kommen solle. Meine Mutter berichtete mir, was als Nächstes geschah.
Niemand konnte Damek finden, und Masko steigerte sich in blinde Raserei hinein, bis der Gesuchte endlich auftauchte. Damek erschien an jenem Morgen von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, und mit einer Miene, die Masko verstummen ließ. Meine Mutter meinte, es sei gewesen, als hätte derTeufel persönlich den Raum betreten. Masko hatte Damek wirklich für seinen Freund gehalten: Er hatte Nächte damit zugebracht, mit ihm zu trinken, dabei über die Niedertracht anderer zu klagen und gefühlsduselig Dameks Loyalität zu preisen. Und Damek hatte seine Rolle bis zuletzt gespielt, kein einziges Mal seine wahren Gefühle preisgegeben. In jenem Augenblick jedoch nahm Damek die Maske ab, und ich glaube, Masko erkannte sein Schicksal, bevor Damek ein einziges Wort sprach.
Damek teilte Masko mit, dass er nicht mit ihm spielen würde, da er sich nicht mit Verarmten einließe. Mit diesen Worten warf er einen Packen Papier auf den Tisch. »Masko ergriff das Dokument mit so zittrigen Händen, dass er es kaum halten konnte«, schilderte meine Mutter. »Er las es und las es
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