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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Zeugen unter Druck zu setzen?«
    »Von Ihnen.« Das kam ganz freundlich heraus. Selbst in einer Situation wie dieser behielt Musa seine sanften Frotzeleien bei.
    »Hören Sie auf! Meine Methoden sind moralisch einwandfrei. Was haben Sie noch aus dem Planschbeckenspanner rauskriegen können?«
    »Ione und der Mann benahmen sich im Wasser wie ein Liebespaar. Während ihrer leidenschaftlichen Umarmung schien das Mädchen Probleme zu kriegen und wollte zappelnd zu den Stufen zurück; dann bewegte es sich nicht mehr. Der Mann kletterte heraus, schaute sich um und verschwand dann zwischen den Bäumen. Der Unerfreuliche dachte, er wolle Hilfe holen.«
    »Der Unerfreuliche bot seine Hilfe nicht an?«
    »Nein.« Musas Ton war genauso trocken wie meiner. »Dann kam Helena und entdeckte den Unfall.«
    »Es war also dieser schauerliche Besenschwinger, dessen Blick Helena gespürt hat … Musa, Iones Tod war kein Unfall.«
    »Und der Beweis, Falco?«
    »Wenn Sie sich zu einem Blick durchringen können …«
    Ich kniete mich ein letztes Mal neben das tote Mädchen und schlug die Decke nur so weit wie nötig zurück. Ihr Gesicht war dunkel verfärbt. Ich zeigte Musa, wo die perlenbesetzten Stränge ihrer Halskette ihr die Kehle abgeschnürt zu haben schienen und Druckmale hinterlassen hatten. An einigen der schweren Steinperlen hingen immer noch winzige Hautfetzen. Kleine Rinnsale von Kajal oder anderer Schminke verfärbten das Gesicht. Außer den Abschürfungen durch die Kette und der verschmierten Farbe waren zahllose rote Fleckchen auf ihrer Haut zu sehen. »Deshalb habe ich sie vorhin so genau untersucht. Die Halskette mag an ihrer Kehle gezerrt haben, als sie verzweifelt im Wasser herumstrampelte, aber ich bin der Meinung, daß sie Druckspuren von Männerhänden aufweist. Die kleinen roten Flecken entstehen bei Leichen, die unter besonderen Umständen gestorben sind.«
    »Durch Ertrinken?«
    »Nein. Dann wäre ihr Gesicht bleich. Ione ist erwürgt worden«, sagte ich.

XXXI
    Der Rest der Nacht und der folgende Tag verging mit Aufgaben, die anstrengend und ermüdend waren. Wir wickelten die Leiche ein so gut es ging. Helena und Byrria ritten zusammen auf dem einen Esel. Musa und ich gingen zu Fuß, rechts und links von dem zweiten Tier, das Ione trug. Die arme Seele in schicklicher Form zu transportieren und gleichzeitig aufzupassen, daß sie nicht herunterglitt, war nicht leicht. In dem heißen Klima wurde die Leiche rasch steif. Wäre ich allein gewesen, hätte ich sie anständig verzurrt und als Strohballen getarnt. Da ich in Begleitung war, wurde von mir mehr Ehrerbietung erwartet.
    Wir klauten Lampen vom Heiligtum, um unseren Weg zu beleuchten, doch noch bevor wir das Ende der Via sacra erreicht hatten, war klar, daß wir mit unserer Last unmöglich quer durch die Stadt reiten konnten. Ich habe schon ganz schön extravagante Sachen fertiggebracht, aber ich konnte kein totes Mädchen, dessen hennagefärbtes Haar immer noch tropfte und dessen nackte Arme durch den Staub schleiften, über einem Esel liegend durch eine belebte Hauptstraße führen, auf der Händler und Bewohner spazierten und nur darauf aus waren, sich am Mißgeschick anderer zu weiden. So wie diese Leute aussahen, würden sie flugs eine fröhliche Prozession bilden und sich uns rempelnd und drängelnd anschließen.
    Der Tempel kurz vor dem Stadttor, an dem wir schon auf dem Hinweg vorbeigekommen waren, war unsere Rettung. Inzwischen versahen einige Priester dort ihre nächtlichen Pflichten. Musa appellierte an sie als Kollege mit Verbindungen zum Tempel von Dionysos und Dushara, und sie waren einverstanden, der Leiche bis zum nächsten Tag Unterkunft zu gewähren.
    Ironischerweise war der Ort, an dem wir Ione zurückließen, der Tempel der Nemesis.
    Von unserer Last befreit, kamen wir schneller voran. Ich ritt nun wieder mit Helena im Damensitz vor mir. Byrria hatte zugestimmt, mit Musa zu reiten. Beide wirkten sichtlich verlegen; er saß steif aufgerichtet auf seinem struppigen Tier, während sie hinter ihm hockte und sich nur widerstrebend an seinem Gürtel festhielt.
    Uns durch die vollgestopften Straßen der Stadt zu schlängeln, war eine Erfahrung, die ich gern hätte missen mögen. In unserem Lager war bereits alles dunkel, als wir eintrafen, auf der Straße ging es dagegen noch munter zu. Händler und Kaufleute versuchten bis zum letzten, ihre Waren an den Mann zu bringen. Grumio stand immer noch auf seiner Tonne. Mit Einbruch der Nacht waren seine

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