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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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ihn gesund pflegen. Ihn wie einen räudigen Hund in seinem Blut verrecken zu lassen, das tut nur ein ebenfalls räudiger Hund.«
    Die Schwertklinge senkte sich Roger entgegen. Die Spitze zielte jetzt auf seine Kehle. Sie zitterte nur ganz leicht, das einzige Zeichen, dass der Mann, der sie hielt, vor Kurzem noch mit dem Tod gerungen hatte. Der Ärmel des Leinenhemds rutschte zurück und entblößte das Templerkreuz auf dem Unterarm – und darunter ein eintätowiertes Kleeblatt.
    »Du bist hier in England erledigt, Roger FitzRos«, sagte Brion O’Heney. »Der Sheriff wird rausbekommen, wer ihn verraten hat, und Rache nehmen. Und bei Hof wird man dir trotz deiner Tat nicht trauen, denn du warst einmal Gefolgsmann des Sheriffs. Aber du hast mir das Leben gerettet, obwohl mein Tod für dich günstig gewesen wäre, und das vergesse ich dir nicht. Du bist ein mutiger Mann, wenn’s drauf ankommt, und so jemanden können wir im Orden immer gebrauchen. Küss die Schwertspitze, dann kann ich dich Bruder nennen und du hast eine neue Heimat und eine ehrenvolle Aufgabe vor Gott, dem Herrn.«

16
    D er zweite Mann kletterte über die Felsen und kam zu ihnen herüber. Aber in diesem Moment hatte Edith nur Augen für den Freund. Lachend schob sie die Mönchskapuze zurück. »Oh, Bruder Brion!«, rief sie. »Ihr wisst nicht, wie sehr ich Euch vermisst habe.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste eine unrasierte Wange. »Warum haben wir uns in Melcombe verpasst?«
    »Weil Brion O’Heney, als Ihr dort ankamt, auf einem Karren in Richtung London unterwegs war, dem Tod näher als dem Leben. Nur die Großherzigkeit eines Mannes, der rechtzeitig vom Pfad zur Schurkerei abgewichen ist, hat ihn gerettet. Küsst mich noch mal auf die andere Wange, Lady Edith. So begeistert werde ich selten begrüßt.«
    Edith fuhr zurück. »Richard!«, stieß sie hervor. Sie sank fassungslos auf die Knie.
    Der König lächelte und seufzte gleichzeitig. »Mist«, sagte er. »Es ist immer dasselbe. Bevor man einen zweiten Kuss bekommt, wird man erkannt, und dann gibt es nur noch gesenkte Blicke und Kniefälle.«
    »Euer Gnaden«, stammelte Edith. Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt und dann verschwamm die Welt vor ihren Augen. »Was … Wie kommt Ihr hierher …« Als Nächstes merkte sie nur noch, dass König Richard sie wie ein Kind auf seinen Armen in den Schatten eines Felsens trug.
    »Wasser!«, befahl der König und sein Begleiter setzte einen Wasserschlauch an Ediths Lippen. Gierig trank sie das lauwarme, nach Leder schmeckende Nass. Dann fuhr sie in die Höhe.
    »Oh mein Gott!«, rief sie. »Euer Gnaden, das … das ist … Das ist …«
    »Die Freude über unser Wiedersehen liegt ganz bei Euch«, knurrte Sire Guy de Gisbourne, dessen Kopftücher sich gelöst hatten. Er sah bizarr aus: Überall dort, wo er die Tuchstreifen nachlässig gewickelt hatte, zogen sich schmale, rotbraune Striemen vom Sonnenbrand über sein sonst so blasses Gesicht. Über Augen und Nasenwurzel lag ein breiterer Streifen, in dem die Augenfalten hell leuchteten. Es sah aus, als trüge er eine Maske.
    »Was tut er … Er ist ein …«
    »Er ist ein Mann, der seine Verfehlungen bereut und wiedergutmachen will«, sagte König Richard.
    »Absolut, Euer Gnaden«, sagte Guy mit einem Seitenblick zu Richard, aus dem purer Hass sprach. Ediths Blicke flogen von einem zum anderen. Ihr Mund arbeitete, aber kein vernünftiges Wort kam heraus.
    Richard musterte sie. Sein Blick fand ihre Augen und ließ sie nicht mehr los. Sein Lächeln wurde sanft.
    »Nehmen wir an«, sagte er, »dass wir das Vorgeplänkel bereits hinter uns haben. Ihr habt gesagt: ›Oh Richard, ich bin so froh, Euch zu sehen!‹ Und ich habe gesagt: ›Oh Lady Edith, ich wäre auf den Schwingen des Windes hierhergereist, wenn ich nur gekonnt hätte!‹ Und Ihr habt gefragt: ›Wie kommt Ihr überhaupt hierher?‹ Und ich habe geantwortet: ›Das ist eine lange Geschichte, in der ein in einem Ruderboot ausgesetzte Piraten vorkommen und ein abtrünniger normannischer Adliger, dem ich eine letzte Chance zur Bewährung gegeben habe, wenn er mir hilft!‹ Und Ihr habt wiederholt: ›Nein, ich meine, wie kommt Ihr hierher?‹ Und ich habe gesagt: ›Den Rest der Geschichte bekommt Ihr nur für den zweiten Kuss!‹ Und …« Der König räusperte sich und wurde wieder ernst. »Sire Guy hat versucht, Bruder Brion umzubringen, aber Tempelritter sind zäh, und Sire Guys Kumpan hat ihm das Leben gerettet.

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