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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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wünschte sie, dass diese Art von Macht existierte und sie darüber gebieten könnte, denn wenn sie solche Macht besaß, brauchte sie nie wieder schwach und ängstlich zu sein.
    »Das ist ein klassischer Fall von Überkompensation«, hatte sie zu der Therapeutin gesagt. »Das weiß ich. Ich möchte aus zwei Gründen, dass das Übernatürliche existiert, einmal, damit ich Macht über Dinge bekomme, gegen die ich machtlos bin, und damit ich ihm die Schuld zuschieben kann, wenn etwas schief geht. Das weiß ich. Eine Identitäts-Überlebens-Strategie, die nicht hält, was sie verspricht.« Und sie knirschte mit den Zähnen.
    Selfware hatte sie entwickelt, um sich über diese Frage ein für alle Mal Klarheit zu verschaffen.
    Natalie testete Hunderte von Anwärtern, und Hunderte mehr in den Kontrollgruppen. Nachdem sie Hirnwellenenergien addiert, Denkmuster verglichen und die Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Zentren analysiert hatte, in denen Gedanken, Bilder und Sprache verarbeitet wurden, überprüfte sie ihre Daten und stand ohne Endergebnis da. Nur Grundrauschen. Das einzige interessante Ergebnis bestand darin, dass einzelne Individuen beim Erraten verdeckter Karten und Hellsehen bessere als statistische Trefferquoten erzielten, während andere eine größere Fehlerquote als von der Wahrscheinlichkeit vorgeben hatten – untersinnlich Begabte?
    Waren sie echte Medien, die ihrer eigenen Intuition zuwiderhandelten? Verfügten sie über inverse Intuition? Brachten ihnen weiße Katzen Pech? Hatten die Medien mit den hohen Trefferquoten ihre unerklärliche Genauigkeit diesen armen Teufeln gestohlen, die immer daneben lagen? Natalie hatte es nie herausgefunden.
    Der Mann, der ihr tiefster Meditierer war, ein ruhiger Zen-Anhänger aus Newcastle, erschien als idealer Kandidat für Bewusstseinsstudien, denn er konnte aufmerksam und wach bleiben, fast ohne dass in seinen höheren Zentren noch sinnvolle Aktivität festzustellen gewesen wäre; eine stille Menschmaschine, saß er stundenlang nur da und konnte diesen Zustand ein- und ausschalten wie eine Nachttischlampe. Allerdings erhob er nie den Anspruch, paranormale Fähigkeiten zu besitzen. Natalie fragte ihn neugierig, welchen Nutzen seine Begabung habe, und er antwortete, sie halte ihn am Boden und ruhig, zu Gefühlsreaktionen fähig, aber intellektuell akzeptierend – er bringe mit jedem große Geduld und Toleranz auf, ganz wie er es möge.
    Natalie kartierte sein Gehirn und studierte es beflissen. Auf diesem Modell basierte sie ihre erste Version von Selfware. Selfware wurde interaktiv, sobald NervePath lizenziert war, und sie konnte ihre Anwendung in einer Cyberspace-Umgebung simulieren. Von den Menschen, die bei ihren Tests über- und unterdurchschnittlich abgeschnitten hatten, versuchte sie Gemeinsamkeiten der Hirnmuster einzugrenzen. Doch sie hatten nur wenig gemein. Dadurch aber sah sie sich gezwungen, der Software Funktionen zu geben, mit der das Programm sich dem anpassen konnte, was es in den individuellen Hirnstrukturen vorfand.
    Statt ein allgemeines Format zu besitzen, durchlief die Software eine Testphase, in der sie so genannte »Verbindungsgemeinsamkeiten« suchte, dann versandte sie ihre Karte des Bewusstseins der betreffenden Person. Indem Natalie diese Karten auswertete und sie in einer skalierten Umgebung miteinander in Beziehung setzte, die auf individuellen Memecubes aufbaute, fand sie am Ende eine Eigenschaft, die tatsächlich bei allen über dem statistischen Durchschnitt vorhanden war.
    Die nächste Version der Selfware zielte darauf ab, diese Eigenschaft, für die Natalie keinen Namen hatte, zu verstärken. Sie bestand bei allen Testpersonen in einem besonderen Ausmaß von Verknüpfungen und Kommunikation mit einer stark ausgeprägten Verbrückung des Hippokampus, die den beiden Hirnhälften eine breitere Verständigung als normalerweise gestattete. Sie hatte damals niemanden, an dem sie das ausprobieren konnte, einschließlich sich selbst, denn ihre Lizenz galt nur für Festwert-NervePath-Systeme. Daher simulierte sie die Ergebnisse, zahlte bei einem Stundenpreis von fünfzig Pfund eine Stunde Rechenzeit nach der anderen auf der virtuellen Umgebung der Universität und verbrauchte dabei fast ihren ganzen Jahresetat.
    Auf diese Weise hatte sie parallel zu ihrer Arbeit an der Klinik geforscht, bis man ihr erneut die erweiterte Lizenz verweigerte. Mittlerweile war ihre Selfware in der Lage, in Einzelpersonen zu agieren, ihre Erfolgsquoten in

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