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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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erstklassiges Experiment. Wir lagen und froren , aber kein Bernhardiner weit und breit.
    Der Wrigley forderte uns nach einer Weile auf, künstlich zu stöhnen. Das werde die Tiere dann schon hervorlocken.
    Aber keine Viertelstunde war verflossen, das sagte der Bäschteli, wenn das noch lange gehe, habe er ernstlich einen Bernhardiner nötig. Dieser Zustand wurde allmählich unhaltbar, und der Wrigley schalt aus Leibeskräften über die miserable Organisation.
    Doch plötzlich sprang er auf und sagte, pardon, das sei ein Missverständnis: Das hier sei ja der Gotthard und nicht der Bernhardin, und hier oben gebe es gar kein Hospiz, und darum könnten wir hier liegen bleiben, bis es mit uns so weit wäre, wie mit Bübu Blasers Urgross-vater auf dem Jungfraujoch: Der sei seinerzeit ein grösser Tourist gewesen, und aus diesem Grunde sei er unglücklicherweise auf dem Konkordiaplatz erfroren, und eine Rettungskolonie habe drei Tage suchen müssen, bis sie den Hartgefrorenen fanden, worauf sie ihn ins Hotel Jungfraujoch trugen, wo sie leider im Korridor entschlipften und den Leichnam fallen liessen, so dass Bübu Blasers Urgrossvater in tausend Stücke zersplittert sei, wie ein Saladier. So weit käme es auch mit uns, wenn wir noch länger zögerten, denn wo kein Hospiz sei, da gebe es auch keine Hunde.
    Wir also auf und weiter, doch nach kaum fünfzig Schritten sichteten wir ein Haus, an welchem geschrieben stand:
    Gotthardhospiz.
    Der Wrigley verstand jetzt nichts mehr, und er sagte, er wolle der Direktion des Klosters in einem Briefe schreiben, wie schändlich die Bernhardiner-Organisation versagt habe.
    Aber dann erzählte er vom Hospiz und vergass die Vergangenheit: In diesem Haus wohnen lauter steinalte Mönche mit meterlangen Bärten. Die liegen in Betten aus Granit und trinken nur Gletschermilch. Sie seien sehr barmherzig. Den ganzen Tag beten sie für die armen Seelen im Flachland, und sie haben ein Gelübde abgelegt, dass nie eine Frau das Kloster betrete.
    Es wäre doch sehr interessant, das heilige Haus einmal zu besichtigen, und da wir keine Mädchen seien, stehe dem Plan nichts im Weg.
    So stellten wir denn unsere Velos an die Wand, und es war uns sehr feierlich ums Herz, als wir die Türe öffneten und eintraten. Im Inneren kam es uns freilich merkwürdig vor: An der Wand hing ein Plakat, und wie ich im ersten Augenblick meinte, das sei ein schöner Spruch, sah ich mich im zweiten Augenblick getäuscht, denn es stand zu lesen:
    «Campari Bitter, der Freund Ihres Magens»
    An der anderen Wand aber hiess es:
    «Bier, Weltmeister im Durstlöschen»
    Ganz genau so wie diese Klosterhalle waren bei uns daheim die Wirtshäuser möbliert, und nicht lange währte es, da kam ein Fräulein herein, das aufs Haar einer Serviertochter glich. Wir sperrten Mund und Nase auf und dachten an das Gelübde der Mönche. Der Wrigley stellte sich empört vor die junge Dame hin und fragte, was sie da mache?
    Servieren natürlich!
    «Aber wissen Sie nicht, dass das hier strengstens verboten ist?»
    «Was, verboten?»
    «Ja, Fräulein, ich gebe Ihnen den guten Rat, hier schleunig zu verschwinden, ehe Sie die Mönche erwischen.»
    Da lief unser Gegenüber rot an und bebte vor Zorn, als hätten wir sie gröblich beleidigt. Sie Hess uns wortlos stehen und kehrte mit einem Mann in grüner Schürze zurück, der uns, ehe wir gax sagen konnten, vor die Türe warf.
    So standen wir denn ratlos an der kalten Luft und schauten den Wrigley an, der uns jetzt eine Erklärung schuldig war. Der schwieg zuerst, um auf unser Drängen hin empört herauszuplatzen, seiner Ansicht nach sei die ganze Sache ein grossangelegter Schwindel.
    Wir hätten uns die Köpfe vielleicht noch lange zerbrochen, aber jetzt, da eine Abfahrt in Sicht war, bekamen wir es handkehrum mit der Zukunft zu tun. Der Eduard wollte aufsitzen, aber der Wrigley hielt ihn auf, denn wieder war eine seiner Reden im Anzug. Dieser Mensch war auf diesem Gotthard sehr in seinem Element.
    Er nahm seine Mütze vom Kopf, blickte gegen den Himmel auf und sagte uns, wir sollten uns bewusst sein, dass wir hier auf historischem Boden stehen: Hier an dieser Stelle habe vor Jahren der Kübler den Bergpreis gewonnen, und dann habe er während der ganzen Abfahrt kein einziges Mal gebremst.
    Darüber kam es zu Auseinandersetzungen, weil der Eduard ein Gegner des Kübler und ein Freund des Koblet und des Clerici war. Er sagte, mit dem Kübler solle man ihm gar nicht kommen, habe doch dieser Rennfahrer so

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