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Mein Schwein pfeift

Mein Schwein pfeift

Titel: Mein Schwein pfeift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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benebeltem Blick von oben bis unten. Ihrer Stimme konnte ich entnehmen, dass das vor ihr platzierte Glas Wein nicht das erste war. Die Ringe unter den Augen verrieten einen ungesunden Lebenswandel. Nicht mein Fall, aber als Informationsquelle interessant.
    »Oh, wer sind Sie denn, junger Mann? Sie habe ich hier noch nie gesehen«, schmiss sie mit Honig nach mir, denn sie war mindestens zehn Jahre jünger als ich.
    »Dieter. Bin gestern als neuer Stürmer angeheuert worden, als Ersatz für Angelo Küppers.«
    »Der gute Angelo. Schon schade, was mit ihm passiert ist. Ich kannte ihn sehr gut.«
    Der Anblick der Blondine in Verbindung mit dem Duschgespräch über Angelos Liebesieben ließen mich nicht an dieser Aussage zweifeln.
    »Und was treibt ihr hier?«
    Ich wusste nicht, warum ich bei der Anrede immer noch den Plural wählte, denn die andere starrte entweder in ihre Apfelschorle oder auf die unzähligen Spirituosen, die hinter der Theke auf einem Holzregal deponiert waren, und hatte bisher noch nicht einen Laut von sich gegeben.
    »Wir sind das, was man gemeinhin als Spielerfrauen bezeichnet. Darf ich vorstellen: Meine Freundin Sibylle, seit Sandkastentagen mit unserem Torwart Waldemar zusammen, und meine Wenigkeit, Ulrike, zurzeit mit Robert liiert, der zwar nur ein mäßiger Außenverteidiger ist, aber...«, sie beugte sich zu mir herüber und flüsterte »... dafür umso besser im Bett.«
    »Herzlichen Glückwunsch.«
    »He, Nannen, was kaust du meiner Braut ein Ohr ab? Guckt mal, Jungs, kaum einen Tag im Verein, schon versucht er, sich unsere Weiber unter den Nagel zu reißen.«
    Eine Hand legte sich auf meine Schulter, und ich drehte mich um. Die dazugehörige Stimme gehörte wohl zu Robert, wie ich unschwer kombinierte. Mit ihm hatten fünf weitere Kicker, unter ihnen Gregor Pütz und Andy Bork, die Kneipe betreten.
    »Deine Freundin war traurig, dass du noch nicht hier bist, da habe ich sie ein bisschen getröstet.«
    »Ist schon okay. Wir wissen beide, dass meine Ulli Gesprächen mit Männern nie abgeneigt ist.«
    Mit diesen Worten drückte er ihr einen Kuss auf die Lippen, der eher der Reviermarkierung diente, als Zuneigung demonstrierte. Ulrike schien das egal zu sein. Offenbar hatte ich ihr Interesse geweckt, denn während des Schmatzers blinzelte sie mir zu.
    Während der nächsten zwei Stunden wurde zunächst über das morgige Spiel, dann über die Westfalenliga im Allgemeinen und, als uns der Stoff ausging, über die Bundesliga gefachsimpelt. Erstaunlich war, dass Küppers’ Tod keinen sonderlich zu kümmern schien, denn sein Name wurde höchstens ein halbes Dutzend Mal erwähnt. Die Zeit heilte alle Wunden, auch wenn sie kurz war. Allerdings bot sich keine Chance, Details über das Privatleben des Ermordeten herauszufinden, geschweige denn Namen von Neidern oder Feinden.
    Als ich den Abend schon als Zeitverschwendung abgeschrieben hatte, öffnete sich die Kneipentür. Ein langhaariger Hippie mit schwarzer Lederhose und einem gebatikten T-Shirt — vorne stand »Ich bin schizophren«, hinten »Ich auch!« — betrat den Laden. Ich schätzte ihn auf Anfang dreißig, aber die eingefallenen Wangen ließen ihn älter erscheinen.
    »Hey, Alter, lange nicht gesehen, schmeißt du ’ne Runde?«, wurde er freudig von den Thekenturnern begrüßt.
    Beschwörend hob er die Hände, woraufhin die Meute sofort mucksmäuschenstill war.
    »Heute zahlt jeder selbst, Jungs. Papa hat gerade mal fünf Euro vor dem Bahnhofsklo zusammengeschnorrt. Genug, um meine Kehle vor dem qualvollen Austrocknungstod zu erretten, zu wenig, um Manna unter das Volk zu werfen. Trinkt auf meinen Wohlstand und meine Gesundheit; dann geht der nächste Abend wieder auf mich. Amen.«
    »Komm, lass dich nicht lumpen«, nörgelten einige meiner Kameraden. Der Hippie ignorierte sie aber und setzte sich neben mich. Sofort konzentrierte sich die Aufmerksamkeit meiner Mitstreiter wieder auf wichtige Themen wie die nächste Bulderner Treckerrallye.
    »Charly, ein Herrengedeck«, bestellte mein Nachbar, was sich aber als unnötig erwies. Der Wirt hatte bereits Pils und Korn auf die Theke gestellt.
    »Du bist Dieter, Stürmerhoffnung des FC und Privatdetektiv«, sprach mich der seltsame Vogel an.
    »Kennen wir uns?«
    »Ich dich schon, du mich nicht«, lächelte er wissend und strich sich die Mähne aus dem Gesicht.
    »Was weißt du sonst über mich?«
    »Viel. Du hast einige knifflige Fälle gelöst. Hattest aber meiner bescheidenen Meinung nach

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