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Mutter macht Geschichten

Titel: Mutter macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troy Una
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in seine Schranken zu weisen, weil er nicht wußte, daß es so etwas überhaupt gab. Dazu kam noch, daß er, obwohl zwei Jahre älter als sie, für seine einundzwanzig Jahre sehr unreif war und so typisch irisch-kleinstädtisch, daß er Georges Stellung in der Londoner City und in der Gesellschaft gar nicht beurteilen konnte. Trotz seiner Angeberei war er im Grunde nur ein frecher dummer Junge, den man nicht beeindrucken konnte, weil er so furchtbar provinziell war. Mit George verglichen war er noch ein richtiges Kind. Dann, nach ein paar weiteren Tagen, die sie zusammen mit ihm verbracht hatte – schließlich war alles besser, als rumzuhocken und Däumchen zu drehen –, stellte Jill zu ihrem Erstaunen fest, daß sie sich selbst irgendwie jünger fühlte. Nicht etwa, daß sie sich in Georges Gesellschaft alt fühlte, natürlich nicht – aber mit ihm kehrte sie mehr ihre erwachsene, intellektuelle Seite heraus, weil sie wußte, daß ihm das gefiel, und es machte ihr auch keine Mühe, erwachsen und intellektuell zu wirken. Aber im Moment machte sie einfach Ferien von ihrem erwachsenen Ich, und das genoß sie sehr. Sie hatte schon fast vergessen, wie lustig es war, herumzualbern oder auf dem Rücksitz eines knatternden, stinkenden alten Motorrads zu hocken und die Gegend unsicher zu machen. Es war einfach herrlich, mal wieder Felsen hinaufzukraxeln oder sich mit Fischern zu unterhalten, Brot und Käse auf hohen Klippen zu essen und Unsinn zu quatschen, weil es dem anderen nichts ausmachte, und überhaupt sorglos und lustig zu sein, so, als seien dieser Junge und sie zwei Kinder, die am Meer miteinander spielten. Sie konnte ihre Mutter schon etwas besser verstehen. Mammi war eben auch der harten Wirklichkeit für eine Zeitlang entflohen. Aber das würde natürlich ihnen beiden bald über werden, und dann würden sie dankbar in ihre jeweiligen stabilen Welten zurückkehren.

ACHTES KAPITEL
    Jill schrieb gewissenhaft Berichte über die Mutter nach London, aber ihre heitere Sorglosigkeit kam, ohne daß sie es merkte, auch in ihren Briefen zum Ausdruck. Dina sagte ganz erstaunt zu ihrem Verlobten: »Jill scheint ganz begeistert zu sein von Dooneen.« Eric meinte, daß vielleicht ihre wahre irische Natur endlich durchbräche, worauf Dina erwiderte, daß Jill eigentlich wenig typisch Irisches an sich hätte. »Sie steht mit beiden Beinen auf der Erde, mein Lieber, Beweis: George Dundon. Womit ich nicht sagen will, daß sie ihn nicht liebt, o nein, aber sie gehört zu der Sorte Menschen, für die Geld kein Hindernis darstellt.« Eric bemerkte selbstgefällig, wie erfreulich es doch sei, auf diese Weise zu erfahren, daß er um seiner selbst willen geliebt würde. Dina berichtigte diesen Irrtum sofort: Sie wüßte einfach, daß er eines Tages das Rennen machen und Teilhaber in seiner Steuerberatungsfirma werden würde. Eric stöhnte: »Bei Steuern fällt mir wieder deine Mutter ein, und wenn sie sich einfallen läßt, noch lange in Irland zu bleiben, dann habe ich nicht nur die englische, sondern bald auch noch die irische Steuerbehörde ihretwegen auf dem Hals.« -»Mammi wird es wahrscheinlich nicht mehr lange dort aushalten, obwohl sie wirklich recht eigensinnig zu sein scheint. Was hältst du eigentlich von der Idee, unsere Ferien in Dooneen zu verbringen? Es scheint ein netter Ort zu sein, Eric, und keiner von uns war je in Irland. Außerdem«, fügte Dina ein wenig traurig hinzu, »habe ich Sehnsucht nach Mammi.« Worauf Eric schmeichelhafterweise antwortete, daß jeder Ort, wo er mit seiner Dina zusammen wäre, nur das Paradies sein könnte.
    Auch James hatte schon mit dem Gedanken gespielt, seinen Urlaub in Dooneen zu verbringen, und nachdem er die so erstaunlich begeisterten Berichte von Jill gelesen hatte, stand sein Entschluß fest. Obwohl er seiner jüngeren Schwester versichert hatte, er würde es schon schaffen, Mutter zu überreden, nach London zurückzukehren, kamen ihm jetzt, angesichts der verschiedenen Jill-Berichte, doch Zweifel, ob ihm das bei einer bloßen Stippvisite gelingen würde. Aber wenn er drei Wochen Zeit hätte, so müßte das genügen, um auch die bockigste Mutter zur Vernunft zu bringen. Außerdem würde Dooneen gerade der richtige Urlaubsort für Pamela sein. Obwohl Pamela alles hatte, was eine Frau braucht – einen liebenden Gatten, zwei gesunde Kinder und ein hübsches Zuhause –, war sie in letzter Zeit merkwürdig rastlos und unzufrieden. Frauen sind wirklich komische Geschöpfe,

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