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Mythor - 104 - Inscribe die Löwin

Mythor - 104 - Inscribe die Löwin

Titel: Mythor - 104 - Inscribe die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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schälen.
    Vor den Augen der Menschen stieg ein Gebäude scheinbar aus dem Nebel. Zuerst waren nur die Säulen zu sehen, mächtige Gebilde, hochaufragend, als wollten sie den Zeiten und den Schattenmächten selbst trotzen.
    Ein Dach war nicht zu sehen – vielleicht hatte es nie eines gegeben.
    »Psst!«
    Die Gruppe blieb stehen, verharrte und lauschte. Deutlich waren die Klänge zu hören, die jeder schon kannte und fürchtete.
    »Schwerter zur Hand!« murmelte Mythor. Die Klingen flogen aus den Scheiden.
    Inscribe war in der Nähe. Man konnte ihre Tanzschritte hören. Sie waren langsam.
    Zwischen den Säulen glitzerte und gleißte es. Dieser Schein, strahlend hell und damit ein beklemmender Gegensatz zum trüben Weiß der Nebelschwaden, wurde immer stärker, je näher die Gruppe kam.
    »Inscribes Schätze!« stieß Robbin hervor.
    Gold, Silber und andere kostbare Metalle. Dazwischen Perlen, rund und groß, weiße und intensiv schwarze. Edelsteine in allen Farben, die glitzernde Strahlenbündel verschossen, darunter solche, wie Mythor sie nie geschaut hatte. Ein Meisterdieb wäre vonnöten gewesen, sich in diesen Kostbarkeiten auszukennenen.
    Mescal spürte, daß er am ganzen Leibe bebte.
    Die Stunde der Entscheidung schien gekommen. »Weiter!« drängte Mythor. Breite Stufen waren jetzt zu erkennen. Aus dem eintönigen Grau des Bodens führten sie in schneeigem Weiß zu der Säulenreihe hinauf. Mythor war sichtlich beeindruckt.
    »Wo ist Inscribe?« fragte Gerrek nervös. Das Löwenweib schien mit seiner Gefährlichkeit dem Beuteldrachen arg in den Knochen zu sitzen.
    »Sie wird sich zeigen«, sagte Robbin gelassen. »Verlaßt euch darauf. Sie kommt.«
    Nebeneinander stiegen sie die Stufen hinauf. Es waren sieben. Zufall oder Anspielung auf die magische Siebenzahl?
    Mythor ließ ein Schnauben hören.
    Der Tempel endete in einer Plattform. Auf dieser Plattform war ein Säulenstumpf zu sehen, und auf dessen konkaver Oberfläche glitzerte ein Etwas, das auch Mescal sofort als DRAGOMAE-Baustein identifizieren konnte.
    Aber es gab Wichtigeres als diesen Kristall – jedenfalls für Mescal.
    Hinter der Plattform dehnte sich der Leere See.
    Wasser enthielt er nicht, damit hatte auch niemand gerechnet. Wasser war zu kostbar und selten in der Schattenzone, als daß sich eine so große Menge davon hätte an diesem Ort sammeln können.
    Der Leere See war erfüllt von schwerer Luft. Und seine Oberflächeerglänzte metallisch wie ein riesiger Spiegel.
    Ohne auf den verlockenden DRAGOMAE-Baustein zu achten, hastete Mescal zum Ende der Plattform.
    Dort war er, der Leere See, dort mußte auch Mescals Spiegelschwester zu finden sein.
    Jente eilte Mescal nach, aber der achtete nicht darauf.
    Leise, fast ängstlich, nannte Mescal den Namen.
    »Dharaphin!«
    Wellen glitten über den klaren Spiegel des Sees und verebbten irgendwo. Der Grund des Sees ließ sich mit den Augen nicht fassen. Wieder kam der Name von Mescals Lippen, diesmal lauter und in anderer Form:
    »Phindhara!«
    Aus den Tiefen des Leeren Sees schallte ein dumpfer Laut an die Oberfläche hinauf.
    »Dharaphin!«
    Nichts rührte sich. Mescal spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. Ihm wurde übel vor Enttäuschung. Er wandte sich um, das Gesicht verzerrt, und sah Jente an, die still hinter ihn getreten war.
    »Versuche es noch einmal«, sagte die Amazone; ihre Stimme bebte.
    Mescal wandte den Kopf.
    Langsam, fast unmerklich änderte sich das glatte Bild des Leeren Sees. Der metallene Schimmer begann an einigen Stellen dunkler zu werden, und mit qualvoller Langsamkeit begann sich auf dem See ein Gesicht abzuzeichnen. Der ganze See, der einige hundert Schritte lang und breit war, wurde gleichsam zu einem Bildnis.
    Die Konturen eines Frauengesichts wurden sichtbar, erst schemenhaft, dann deutlicher und klarer.
    »Dharaphin!« Mescal schrie vor Freude.
    Es konnte keinen Zweifel geben. Das Gesicht, das nun klar zu erkennen war, mußte etwas mit Mescal zu tun haben. Die Ähnlichkeit der Züge war unübersehbar.
    Und es wurde auch deutlich, warum der Geschaffene in der Vergangenheit derart hatte leiden müssen. Bei der Verschmelzung zweier Menschen durch die Kräfte der Magie war er schlecht weggekommen.
    Auch Dharaphin besaß weiche, weibliche Gesichtszüge, aber sie waren nicht so weichlich verschwommen wie bei Mescal; darunter lag ein Zug kraftvollen Durchsetzungsvermögens, der Mescal völlig abging. Auch die Augen der Spiegelschwester verrieten viel von der inneren

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