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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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Würstchen. Meine Geburtstagsparty.
    Pia saß so dicht neben Lukas, dass sich ihre Schultern berührten. Sie kicherte über etwas, das er gerade gesagt hatte. War
     er ihr Auserwählter für heute Nacht? Würde sie mit ihm auch zu der Wiese im Wald gehen? Oder war das Markus' Idee gewesen?
    Eine kalte Wut erfasste mich. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, ging ich auf das Lagerfeuer zu.
    »Jenny!« Pia sprang auf, als sie mich kommen sah. »Was ist los?«, fragte sie alarmiert. »Wo ist Markus?«
    In dieser Sekunde hätte ich sie umbringen können. Ihre Scheinheiligkeit kotzte mich an. Ich holte aus und schlug ihr ins Gesicht.
     Ihr Kopf flog zur Seite und sie hielt sich die Wange, auf der sich meine Finger bereits als rote Streifen abzuzeichnen begannen.
    »He! Was soll das?« Lukas erhob sich, wollte sich zwischen uns stellen. Aber ich hatte nicht vor, einen weiteren Angriff zu
     starten.
    Pia sagte nichts. Doch in ihrem Blick lagen mehr als tausend Worte. Ich sah Wut, Überraschung, Bedauern. Das alles und noch
     viel mehr.
    Dann öffnete ich den Mund und sprach aus, was ich beim letzten Mal nur in die Leere unseres Hauses geschrien hatte.
    »Schlampe!«
    Pia zuckte zusammen. Als würde dieses eine Wort mehr wehtun als die Ohrfeige.
    Irgendwie schaffte ich es, zu meinem Fahrrad zu gehen, es aufzuschließen und über den schmalen Trampelpfad davonzuschieben.
     Der flackernde Schein des Feuers verlor sich zwischen den Bäumen. Niemand kam mir nach. Und ich sah nicht zurück.
    Ich fuhr über die Autobahnbrücke. Lenas Gesicht blitzte kurz in meinem Kopf auf, verschwand wieder. Meine Beine traten wie
     von selbst in die Pedale. Die im Mondlicht glänzenden Felder zogen an mir vorbei. Ich dachte an nichts, fühlte nichts. Alles
     war still. Ich war wie betäubt.
    Als ich anhielt, war ich wieder in der Stadt. Ich stand vor dem Eiscafé am Markt. Ich hatte keine Ahnung, ob Jakob noch hier
     arbeitete. Die Sonnenschirme waren zugeklappt. Die Stühle aufeinandergestapelt. Drinnen gingen gerade die Lichter aus. Ich
     wartete.
    Er kam zusammen mit zwei Kollegen heraus, sie verabschiedeten sich. Der Typ vom Festival war nicht dabei. Fast wäre Jakob
     an mir vorbeigegangen, ohne mich zu bemerken. Dann wandte er den Kopf.
    »Jenny?«
    Er war überrascht. Natürlich. Warum hätte er auch mit mir rechnen sollen? Er war aus meinem Leben verschwunden, so wie ich
     es gewollt hatte. Ich hatte versucht, ihn zu vergessen. Genau wie den Unfall, das Loch in meinem Gedächtnis und das Phantombild,
     das allmählich von den Titelseiten verschwunden war. Verdrängt von anderen, aktuelleren Meldungen über Anschläge, Amokläufe
     und sinkende Aktienkurse.
    »Ich muss mit dir reden.«
    Meine Stimme klang fremd. Kratzig und rau.
    Jakob sah mich an. Dann nickte er. »Komm mit.«
    Wir wanderten schweigend durch die leeren Straßen, ohne uns zu berühren. Mein Fahrrad zwischen uns. Irgendwann blieb Jakob
     vor einem kleinen Reihenhaus stehen. Es sah fast so aus wie unseres. Alle Fenster waren dunkel. Als wir den Vorgarten betraten,
     sprang eine Lampe an. Ich zögerte. Etwas in mirwarnte mich davor, mit Jakob in dieses dunkle Haus zu gehen. Die Angst war immer noch da.
    »Keine Sorge, meine Eltern sind oben«, sagte Jakob, als hätte er meine Gedanken gelesen. Oder hatte ich sie laut ausgesprochen?
     »Sie schlafen bestimmt schon, aber falls ich über dich herfallen sollte, werden sie dir sofort zu Hilfe eilen.«
    Es hätte wehtun müssen, den bitteren Klang seiner Stimme zu hören. Aber ich fühlte nichts. Ich stellte mein Fahrrad ab und
     folgte Jakob.
    Wir gingen ins Haus, stiegen eine Treppe hinauf, gingen einen Flur entlang. Jakob führte mich in sein Zimmer, knipste das
     Licht an. Der Deckenfluter strahlte hell. Ich blinzelte.
    »Setz dich.« Jakob räumte ein paar Klamotten von einem Sessel, ich ließ mich ganz vorne auf der Kante nieder. Er setzte sich
     auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Zimmers. Größtmöglicher Sicherheitsabstand.
    Ich starrte auf meine Hände, massierte sie. Langsam kehrte das Gefühl in die Fingerspitzen zurück. Ich weiß nicht, wie lange
     wir schwiegen. Als ich aufsah, begegneten sich unsere Blicke. Jakob wartete.
    »Du fragst dich sicher, was ich hier will.«
    Jakob sah mich stumm an, die dunklen Augen unergründlich.
    Ich atmete tief ein. »Ich erinnere mich wieder.«
    Er beugte sich vor, eine Ader pochte an seinem Hals. »Woran?«
    »An die Nacht, in der ich in deinem Auto gelandet bin. Daran,

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