Nora Roberts
sind das Bindeglied, und ich möchte nicht der Grund für Streit zwischen Ihnen sein.«
»Niemand verursacht irgendeinen Streit außer ihr selbst«, warf Maggie hitzig ein.
»Sei still, Maggie.« Shannon ignorierte das wütende Zischen ihrer Schwester und fuhr gelassen fort: »Sie haben das Recht, wütend zu sein, Mrs. Concannon. Ebenso wie Sie das Recht haben, verletzt zu sein, wobei es keine Rolle spielt, ob es dabei um verletzten Stolz oder um verratene Liebe geht. Aber Tatsache ist, daß Sie an dem, was vorgefallen, und an dem, was daraus hervorgegangen ist, ebensowenig ändern können wie ich.«
Obgleich Maeve auf ihre Worte nichts erwiderte und auch ihre Miene angesichts des Gesagten nicht freundlicher wurde, fuhr Shannon entschlossen fort.
»Es ist ja wohl so, daß ich an der ganzen Sache nur indirekt beteiligt, daß ich das Ergebnis, aber nicht die Ursache bin. Und ob Sie eine Rolle gespielt haben, damit es überhaupt erst so weit kam, ist bedeutungslos.«
Bei diesen Worten hob Maeve erbost den Kopf und bedachte Shannon mit einem haßerfüllten Blick. »Wollen Sie etwa behaupten, ich hätte Schuld daran, daB Ihre Mutter mit meinem Mann Ehebruch begangen hat?«
»Das kann ich wohl kaum, denn ich war nicht dabei. Und meine Mutter hat niemals irgend jemanden bezichtigt, Schuld an ihrem Tun gewesen zu sein. Was ich gesagt habe, war, daß Ihre Rolle in der ganzen Sache ohne Bedeutung ist. Es mag Menschen geben, die behaupten, weil Sie ihn nie geliebt haben, sollte es Ihnen egal sein, wenn er jemand anderen gefunden hat. Das sehe ich anders. Sie haben alles Recht der Welt, darüber wütend zu sein. Was die beiden getan haben, war falsch.«
Maggie unterdrückte ihren Protest, als sie Shannons kalte Miene sah. »Es war falsch«, wiederholte sie, froh, daß niemand sie unterbrach. »Ob man es nun von der moralischen, von der religiösen oder der intellektuellen Seite sieht. Sie waren seine Frau, und egal, wie unglücklich Ihre Ehe für Sie beide war, hätte diese doch Respekt verdient. Aber sie wurde nicht respektiert, und allein dadurch, daß man es erst nach all den Jahren erfährt, nimmt der Zorn oder das Gefühl des Verratenseins nicht ab.«
Sie holte Luft, und Maeve hob den Kopf. »Ich kann nicht zurück und ungeschehen machen, daß ich geboren bin, Mrs. Concannon. Wir können nichts tun, um das Band zu lösen, durch das wir miteinander verbunden sind, so daß wir gezwungen sind, damit zu leben, ob es uns nun gefällt oder nicht.«
Wieder machte sie eine Pause, während der Maeve sie einer neugierigen Musterung unterzog. »Ich habe meiner Mutter ein paar böse Dinge gesagt, ehe sie starb, und ich werde mein Leben lang bedauern, daß ich diese Worte nicht zurücknehmen kann. Lassen Sie nicht zu, daß etwas, das sich nicht ändern läßt, das, was Sie haben, zerstört. Ich werde bald wieder verschwunden sein, aber Maggie und Brie und Ihre Enkelkinder sind dann immer noch hier.«
Froh, sich nach Kräften bemüht zu haben, trat Shannon einen Schritt zurück. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe noch einen Mord zu begehen.«
Sie wandte sich zum Gehen, doch kaum hatte sie fünf Schritte getan, hörte sie, wie Maeve aus dem Wagen stieg. »Hallo.«
Shannon blieb stehen, drehte sich um und begegnete Maeves Blick. »Ja?«
»Sie haben mir Ihre Meinung zu diesem Thema gesagt.« Wie schwer es ihr auch fiel, nickte ihr Maeve beinahe freundlich zu. »Und offenbar haben Sie mehr Verstand, als der Mann, dessen Blut durch Ihre Adern fließt, je besessen hat.«
Shannon nickte. »Vielen Dank.«
Während sie sich wieder umdrehte und weiterging, starrten die anderen Maeve an, als wüchsen ihr gerade Flügel aus dem Rücken. »Was ist, wollt ihr den ganzen Tag hier draußen stehen?« fragte sie. »Beweg dich, Lottie. Ich will endlich meine Enkeltochter sehen.«
Nicht schlecht, dachte Shannon und beschleunigte ihren Schritt. Hätte sie bei Murphy dasselbe Glück, dann hätte sie an diesem Tag einiges vollbracht.
Als sie den Hof erreichte, sah sie, daß Murphy neben einem kleinen, krummbeinigen, Pfeife rauchenden Mann vor dem Schafpferch stand.
Keiner der beiden sagte ein Wort, aber sie hätte schwören können, daß zwischen den beiden ein stummes Gespräch im Gang war.
Plötzlich nickte der ältere Mann. »Also gut, Murphy. Zwei Schweine.«
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie noch ein, zwei Tage bei sich behalten könnten, Mr. McNee.«
»Kein Problem.« Er schob die Pfeife tiefer in den Mund und
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