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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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darstellte.
    Und nach umfangreichen Recherchen kam Edmund zu dem Schluss, dass der geflügelte Gott, dem die Gepfählten dargeboten wurden, niemand anderes als Nergal sein konnte. Der Wütende Prinz hieß er bei den Babyloniern, der Rasende, Herr der Unterwelt, halb Mensch, halb geflügelter Löwe, genau wie Edmund selbst in seiner Uniform des 187. Infanterieregiments.
    Der Löwe und die Flügel auf dem Siegel – ja, es hing alles irgendwie zusammen; Edmund fühlte es.
    Vermutlich würde ihm das antike Artefakt eine Menge Geld einbringen, wenn er es in Katar losschlug, aber er hatte nicht das Verlangen, sich von ihm zu trennen – er erzählte niemandem davon und betrachtete das Siegel, sooft er allein war. Irgendwann schließlich brauchte Edmund nur die Augen zu schließen, und er sah die geschnitzten Figuren in allen Einzelheiten vor sich. Er trug das Siegel immer bei sich, hatte es monatelang in der Tasche, wenn er auf Patrouille ging. Sein Talisman, dachte er. Er kam mit ein paar Kratzern davon, wenn andere ein paar Meter neben ihm ins Gras bissen.
    Aber gegen Ende Januar 2004, eine Woche bevor Edmund Lambert nach Hause fliegen sollte, wendete sich sein Geschick – zum Besseren oder zum Schlechteren war zunächst nicht klar.
    Sein Großvater war tot.
    Edmund telefonierte mit Rally und nahm die Nachricht ruhig auf, mit so gut wie keiner Gefühlsregung, als Rally erklärte, wie er den Alten mit dem Gesicht nach unten im Keller gefunden hatte.
    »Sieht aus, als hätte er zu viel von dem Zeug getrunken«, sagte Rally mit müder Stimme und gegen Tränen kämpfend. »Das Herz hat einfach ausgesetzt, sagt der Leichenbeschauer.«
    »Ich verstehe«, sagte Edmund.
    »Der Sheriff war auch da, Eddie, und …«
    Rally war plötzlich still.
    »Bist du noch da?«, fragte Edmund. »Rally?«
    »Ja«, sagte Rally schließlich. »Ich bin noch da, Eddie. Aber weißt du, ob die Army diese Gespräche aufzeichnet?«
    »Ich glaube nicht. Wieso?«
    »Na ja, ich weiß nicht, wie ich dir das sagen soll, aber … dieses ganze Zeug von deinem Großvater im Keller – im Werkraum … Du weißt, von welchem Zeug ich rede?«
    »Das Zeug für die landwirtschaftlichen Experimente?«
    »Ja, das, nur … verstehst du, wir haben dir weisgemacht, dass es dafür ist, als du klein warst. Damit du es niemandem erzählst, und damit sich deine Mutter und deine Großmutter nicht sorgen und uns die Hölle heißmachen. Aber verstehst du Eddie, das Zeug da unten haben wir aus anderen Gründen hergestellt.«
    »Den schwarzgebrannten Schnaps, meinst du?«
    »Ja, der gehörte dazu. Aber es gab zwei verschiedene Posten davon, im Wesentlichen. Den einen trank man zum Spaß. Du hast ihn uns trinken sehen.«
    »O ja.«
    »Tja, wir haben ihn Moonshine genannt, aber es war kein selbstgebrannter Schnaps, wie ihn andere Leute machen. Es war etwas anderes, nach einem Rezept, das deine Familie schon kannte, ehe sie nach North Carolina zog. Der andere Posten von dem Zeug war so ähnlich, von der Grundlage her, unterschied sich aber hauptsächlich dadurch, dass er stärker war und andere Wirkungen hatte, wenn man ihn trank. Und … na ja, sagen wir einfach, man konnte ihn für wichtigere Zwecke verwenden, als ihn einfach zum Spaß zu trinken. Wir waren lange Zeit nahe dran, auf die richtige Formel zu kommen. Aber bevor wir ihn vermarkten konnten, mussten wir die Patentrechte darauf haben, um uns selbst zu schützen.«
    »Rally …«
    »Manches von dem Zeug, die Zutaten für den zweiten Posten, meine ich, war illegal, Eddie. Eine Menge davon hatten wir bereits verbraucht – und wir haben es nicht mehr annährend so oft getrunken wie früher –, aber als ich den Alten fand, nun, da war immer noch etwas von dem illegalen Zeug übrig, das ich loswerden musste. Ich hätte den Alten ja nach oben geschleift und ins Wohnzimmer gesetzt, damit der Sheriff es nicht findet, aber ich bin inzwischen so schwach, Eddie. Und sie haben das Zeug in seinem Blut gefunden. Ich meine, ich bin losgeworden, so viel ich konnte – Herrgott, Eddie, da bin ich verdammt noch mal achtzig Jahre alt und renne herum wie ein Huhn ohne Kopf. Ich kriege nicht mehr richtig Luft, mein Rücken tut’s nicht mehr, und ich mache mir …«
    »Rally, beruhige …«
    »… Sorgen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie es zu mir zurückverfolgen. Ich hielt es für das Beste, alles andere zu lassen, die ganze Ausrüstung, die Bücher und so, damit sie sehen, dass er es zusammengebraut hat und

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