PR TB 038 Die Grenze Des Imperiums
zwischen den Metallwänden der
Antigravanlage stand. Das nächste Geschütz, einige Meter,
dann Geschütz Elf. Die Nummer stand in wuchtiger
Schablonenschrift auf den Flanken vor dem Sitz.
Miriam bückte sich und deutete auf ein Schild, über dem
das runde Loch der elektronischen Schließvorrichtung zu sehen
war. Auf einem kleinen Metallschild stand: Werkzeugsatzfür
Impulsgeschütze, TypMarkIV.Reg.-No. 094217873.
Miriam schloß auf und zog die Lade auf.
Die Werkzeuge waren seit Jahren nicht gebraucht und lagen
eingefettet in den Plastikhalterungen. Miriam hob den obersten
Einsatz heraus und stellte ihn neben sich. Darunter standen, eng
aneinandergepackt, Munitionsschachteln für Energiemagazine.
Miriams Hand streckte sich zögernd aus, hielt inne und zog dann
mit einem entschlossenen Ruck den Deckel einer Schachtel ab. Das war
es:
Zwanzigfarbiges Feuer schlug Kelly entgegen.
Diamanten, Rubine, geschliffene Kristalle, die in Blau glühten,
in Grün und in eiskaltem, schneidenden Glitzern. Das waren die
Steine, diejener vergessene Gast auf dieser Welt gesammelt hatte.
Vielleicht geraubt. Millionen von Solar lagen hier in der nach
Schmierfett stinkenden Lade im Sockel eines vernichtenden Geschützes.
»Verdammtes Zeug«, sagte Kelly. »Wegen solcher
Steine, die man nur ansehen und bewundern kann, geschieht alles.«
»Man kann diese verdammten Steine verkaufen und dafür
Geld bekommen, Kelly«, sagte Serafian hinter ihm. »Viel
Geld. Sehr viel Geld. Und mit diesem Geld kann man sich alles kaufen:
Macht, Liebe, Annehmlichkeiten, Tonbänder und Ruhe. Und
Unabhängigkeit.«
Kelly erwiderte leise: »Ich möchte alle diese Wesen,
die wegen dieser Steine hier gestorben sind, getötet oder
ausgelöscht wurden, nicht begraben.«
Miriams Antwort brachte den einfachsten Schluß.
»Non ölet«, sagte sie. »Sie stinken nicht.«
Kelly stand auf und blickte auf die Steine hinunter. Miriam zog
nacheinander Deckel um Deckel ab, und das irrlichternde Glitzern
wurde aufdringlich, betäubend und überwältigend. Kelly
verstand plötzlich, in einer winzigen Spanne eines sehr tiefen,
elementaren Verständnisses, daß man an solche Dinge
glauben konnte. An Steine und an Gold, an Platin und andere seltene
Erze.
Wegen dieser leblosen, kalten Dinge hatten Menschen und andere
Wesen gelitten, waren verkauft worden, hatten Gefahren gesucht und
auf sich genommen, hatten die Steine berührt, geliebt, gehaßt
und verflucht, bewundert, begehrt, hatten sie gestreichelt. Hatten
gemordet, betrogen und gestohlen. Schund, Flitter.
SeltenerAbfall derSchöpfung.
Zumeist kristalliner Kohlenstoff. Aureum, chemische Formeln.
Nichts, das ein lebendiger Mensch brauchen konnte.
Für Kelly erlosch der gefährliche Glanz der Steine
augenblicklich. Es hätten Kiesel sein können, sie
würden ihn nicht mehr berühren können.
Er drehte sich zu Miriam um und sagte:
»Stecke die Deckel wieder darüber, Kleopatra. Ich kann
Menschen nicht verstehen, die deswegen töten oder Verbrechen
begehen. Man kann die Dinger nicht einmal essen, wenn man hungert.
Weg damit, in die Museen des Imperiums. Vielleicht findet sichjemand,
der sie bewundert. Ich nicht.«
Er taumelte plötzlich, dann setzten die Geräusche ein.
Die achtzehn Düsen des Projektionsfeldes heulten auf. Und der
Andruck preßte Kellty in die Knie, dann setzten die künstlichen
Schwerkraftfelder ein. Miriam stand bedächtig auf. Dann, ehe
Kelly den Mund öffnen konnte, zog siejene schimmernde Waffe aus
der Innentasche ihrer schwarzen Jacke und richtete sie auf Kelly.
»Meine letzte Chance«, sagte sie leise. »Du
sagtest es. Aber, was immer dujetzt denkst, es ist falsch. Es stimmt
nicht.«
Kelly war mit dem Bewußtsein hierhergekommen, ein spannendes
Spiel mitzuerleben; die Erklärungen Serafians und Miriams hatte
er zum Teil geglaubt. Sie waren richtig, wußte er. Aber über
den Ausgang des Spieles war er noch im unklaren. Jedenfalls saßjetzt
Ariman Serafian oben im Steuersitz und beschleunigte die Jet mit
Höchstwerten. Der Diskus kippte etwas undjaulte über
Provisorium City hinweg; Kelly sah einen Moment lang durch den Schirm
vor dem Geschütz Lichter. Kelly grinste und sagte:
»Kleopatra, deine Karten sind gut. Was hast du vor?«
»Ich will hier weg. Und wenn du willst, kommst du mit. Sonst
nicht. Ich habe nicht vor, die Millionen in Museen zu wissen.«
»Und wer soll den Cäsar abgeben? Ich? Ariman?
Staigher?«
Sie hielt die Waffe auf ihn gerichtet. Ihre Hand zitterte ein
wenig,
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