Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen
grinsen.
Lydia freute sich auf die Fahrt nach
Seattle, obwohl sie auch ein wenig traurig war, weil Tante Persephone nach
Osten reiste. Das Postboot war mit so vielen Truhen und Reisetaschen beladen,
daß Brigham schwor, es würde unter dem Gewicht sinken, noch bevor sie den
Hafen verlassen hatten.
Charlotte und Millie waren
mitgekommen, um ihre Tante an das große Schiff zu bringen, mit dem sie Kap Horn
umsegeln würde, und waren sehr aufgeregt, weil Anna Holmetz ihnen erzählt
hatte, daß in Yesler's Hall in Seattle ein dressierter Bär zu sehen war. Das
einzige, was ihr Entzücken ein wenig dämpfte, war der Gedanke an die
bevorstehenden Trennung von Tante Persephone.
Nur Devon war zu Hause geblieben,
was Lydia mit einer gewissen Erleichterung erfüllte. Seit er ihr vor einigen
Tagen gesagt hatte, daß er sie gern heiraten würde, hatte er ihr zu jedem
Abendessen Blumen auf ihren Stuhl gelegt und sich auch sonst ziemlich zum
Narren gemacht.
Lydia bemühte sich, tolerant zu
sein, weil sie wußte, daß Devon sich im Grunde genommen nur von Pollys Verlust
ablenken wollte. Aber es wäre ihr lieber gewesen, wenn er sie in Ruhe gelassen
hätte, denn sie hatte mit ihren eigenen verwirrenden Gefühlen schon genug
Kämpfe auszutragen.
Und all diese Gefühle betrafen
Brigham und nicht seinen jüngeren Bruder.
Seit jenem entsetzlichen Tag, als
sie die Beherrschung verloren und sich wie eine Wildkatze auf Brigham gestürzt
hatte, wurde Lydia von sündigen Wünschen und Vorstellungen geplagt.
Abends im Bett stellte sie sich vor,
Brigham sei bei ihr und ließe seine Hände über ihre nackten Brüste gleiten.
Schon der Gedanke daran ließ die zarten Knospen anschwellen und Lydias
Atem flach und unregelmäßig werden. Manchmal ging sie sogar so weit, sich
Brigham zwischen ihren Schenkeln vorzustellen ... und alles andere, was er mit
ihr tun würde.
Doch worauf sie keine Antwort fand,
war die Frage, warum es sie so sehr danach verlangte oder auf welche Weise
Brigham das verzehrende Verlangen in ihr stillen würde. Sie wußte nur, daß sie
den Verstand verlieren würde in einer dieser schwülen Sommernächte, wenn der
Aufruhr ihrer Sinne nicht endlich gedämpft würde.
Sie stand mit Millie und Charlotte
an der Reling, als das Postboot aus dem Hafen tuckerte, doch Millie wurde es
zu langweilig, und sie begann ausgelassen über das Deck zu hüpfen.
»Warum benimmt sie sich nur so?«
fragte Charlotte und strich geziert ihr schönes honigblondes Haar zurück.
»Weil sie erst zehn Jahre alt ist«,
antwortete Lydia lächelnd. »Hast du dich anders verhalten als Kind, Charlotte?«
Charlotte schien erfreut, daß Lydia
sie nicht mehr wie ein Kind einschätzte, was genau das war, was Lydia
beabsichtigt hatte. »Nein. Nun ja — manchmal schon. Aber ich habe mir nie
Blaubeersaft aufs Gesicht geschmiert als Kriegsbemalung, und ich bin auch nie
irgendwo auf einem hohen Baum gestrandet. Millie ist es letzten Sommer
passiert, und Papa mußte hinaufklettern und sie herunterholen.«
Lydia lächelte bei der Vorstellung,
war aber auch froh, nicht dabeigewesen zu sein. Brighams Arbeit war gefährlich
genug, und ihn und Millie in einer so riskanten Situation zu erleben hätte
Lydia sehr geängstigt.
In diesem Augenblick wollte Millie
an Brigham vorbeilaufen, doch er fing sie auf und hob sie auf seine Schultern.
Dann trat er neben Lydia, die der Begegnung lieber ausgewichen wäre, an die
Reling. In der Hoffnung, daß Persephone bei ihm war, schaute Lydia sich um,
aber Mistress Chilcote hatte es sich in einem Liegestuhl bequem gemacht, und
Charlotte leistete ihr inzwischen Gesellschaft.
Brigham sagte nichts zu Lydia, er
war in einen Dialog mit seiner jüngsten Tochter vertieft. Erst als Quade's
Harbor nicht mehr zu sehen und Millie zu ihrer Schwester gelaufen war, wandte
Brig sich an Lydia.
»Werden Sie meinen Bruder heiraten?«
fragte er sie leise.
Lydia begann verlegen an ihren
Handschuhen zu zupfen. »Das kann ich noch nicht sagen«, log sie. »Sie müssen
zugeben, daß Devon sehr charmant ist. Finden Sie es nicht reizend von ihm, mir
jeden Abend Blumen zu bringen und Gedichte für mich zu schreiben?«
»Gedichte?« Brigham war so
verblüfft, daß er an dem Wort fast zu ersticken schien.
Es war also genau so, wie Lydia
vermutet hatte. Auf die Idee, einer Frau auf eine altmodische, romantische
Weise den Hof zu machen, wäre Brigham nie gekommen. Statt dessen warf er sie
ins Gras und hockte sich auf ihre Schenkel ...
Aber wer sagte
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