Rebellin der Leidenschaft
vor Erwartung spannte. Er begrüßte seinen Gastgeber, die Gastgeberin und Chad, doch Nicole war nirgends zu sehen. Sie würde sich an diesem Abend wohl nicht zu ihnen gesellen, dachte der Herzog. Eigentlich hätte er erleichtert sein sollen, aber nein, er war sogar etwas enttäuscht.
Shelton schenkte sich und Chad einen Brandy ein, seiner Frau einen Sherry. Dem Herzog hatte er bereits einen Tee zubereiten lassen; es war kein Geheimnis, dass der Herzog von Clayborough niemals Alkohol trank. Dieser machte es sich in einem großen Ohrensessel bequem, während Shelton ihm gegenüber Platz nahm. »Und wie geht es mit Ihrer Arbeit auf Chapman Hall voran?«, fragte er.
»Ich bin fast damit fertig und werde in wenigen Tagen nach London zurückkehren.«
»Da waren Sie wirklich schnell! Ich erinnere mich, dass dieses Anwesen in einem ziemlich bedauernswerten Zustand war.«
»Ja, das war es.« Die beiden Männer begannen sich über die Renovierungsarbeiten zu unterhalten, die der Herzog auf Chapman Hall veranlasst hatte. Da ging plötzlich die Türe auf und Nicole trat ein.
Shelton stockte mitten im Satz und seine Augen weiteten sich.
Chad verschluckte sich fast an seinem Brandy. Der Mund der Gräfin formte unwillkürlich ein riesiges »Oh«. Der Herzog aber merkte nicht, wie verblüfft die anderen waren, denn er hatte genug damit zu tun, das Chaos seiner Gefühle zu ordnen.
Nicole lächelte ihre Mutter an. »Es tut mir Leid, dass ich mich ein wenig verspätet habe, Mutter.«
Rasch stand Jane auf und eilte zu ihr. »Das macht doch nichts. Bitte, komm her und lerne unseren Gast kennen.«
Der Herzog stand auf. Seine guten Vorsätze hatten sich in Luft aufgelöst. Sie trug ein lebhaftes korallenrotes, schulterfreies Kleid mit einem höchst gewagten Ausschnitt. Auch wenn es eher auf einen Ball gepasst hätte als zu einer Mahlzeit in den trauten vier Wänden, unterstrich es doch vortrefflich den Pfirsichschimmer ihrer Wangen und das dunkle Rosa ihrer Lippen. Ihr Haar war kunstvoll zu einer der momentan sehr beliebten Frisuren hochgesteckt und sie trug Perlen um den Hals und an den Ohren. Als sie einen Knicks machte, fürchtete er einen Herzschlag lang, sie würde ihre prachtvollen Brüste gänzlich entblößen.
Anmutig richtete sich Nicole auf. »Aber wir haben uns schon kennen gelernt, Mutter«, sagte sie und zwang ihn dabei, seinen Blick nicht von ihrem zu wenden. Ihre Miene wirkte ausdruckslos, doch der zuckersüße Sarkasmus, der in ihrer Stimme lag, war nicht zu überhören. Und in ihren Augen lag keine Höflichkeit, sie funkelten vor Wut. »Das haben wir doch, Euer Gnaden? Könnte man nicht sogar behaupten, wir seien alte Freunde - äh, nun ja, Bekannte?«
Seine Züge verhärteten sich; jeder einzelne ihrer intimen Momente schoss ihm durch den Kopf. »Ich glaube tatsächlich, wir hatten die Ehre, einander vorgestellt zu werden«, murmelte er höflich. Sein Blick war dunkel, gefährlich, eine Warnung. Das Schlachtfeld war abgesteckt, der Fehdehandschuh geworfen -von ihr -, und er traute ihr nicht im Geringsten.
»Wo haben Sie sich denn kennen gelernt?«, fragte der Graf ahnungslos.
Nicole lächelte schlau. »Vielleicht sollten Euer Gnaden antworten?«
Zorn funkelte in den Augen des Herzogs, denn er war sich sicher, dass sie ihm heute Abend schaden wollte, wo immer sie konnte. Er wandte sich an seinen Gastgeber. »Auf dem Maskenball der Adderlys, wenn ich mich recht entsinne.«
»Ach ja, mir kam zu Ohren, dass dort ein Fest stattfand«, sagte Jane mit einem raschen Lächeln und einem unsicheren Blick, der blitzschnell zwischen dem Herzog und ihrer Tochter hin und her schoss. Auf Nicoles Gesicht lag noch immer ein seltsames, spöttisches kleines Lächeln.
»Und natürlich«, schnurrte sie mit samtweicher Stimme, »vertieften wir unsere Bekanntschaft auf Chapman Hall, nicht wahr?« Sie wandte sich fragend an ihn.
Wieder ärgerte ihn ihre Kühnheit, doch es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich daran zu erinnern, auf welche Weise sie ihre Bekanntschaft vertieft hatten - wie er sie ins Gras geworfen hatte. Schweigen senkte sich über den Raum. »Es war sehr freundlich von Ihnen, und so nachbarschaftlich«, sagte der Herzog schließlich, als er seine Stimme wieder gefunden hatte, »sich bei mir einzufinden und mich auf dem Land willkommen zu heißen.«
Nicole lachte aus voller Kehle. »Ja, nicht wahr?« Ihr Blick sprach Bände. Beide wussten nur allzu gut, dass es Hadrian gewesen war, der sie nach Chapman Hall
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