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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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mehrerer Polizeifahrzeuge, dass sie den Arsenalplatz bereits erreicht hatten. Zwei nur mäßig besetzte Stadtbusse quälten sich an ihnen vorbei, bogen zum Bahnhof hin ab. Neundorf parkte ihr Fahrzeug auf der anderen Straßenseite. Mehrere Polizeibeamte versperrten den Zugang zum Platz, Braig zog seinen Ausweis, zeigte auf seine Kollegin, grüßte.
    »Dort vorne, im Licht«, erklärte der uniformierte Kollege.
    Ein schmaler, vielleicht fünf Quadratmeter umfassender Heck tauchte, von den Scheinwerfern zweier Polizeiwagen angestrahlt, grell aus dem milchigen Licht. Braig sah die Leiche der jungen Frau erst in dem Moment, als er sich an den Fahrzeugen vorbei bis unmittelbar zu dem toten Körper vorgekämpft hatte.
    Ein gespenstisches, unwirkliches Bild. Eine Szene wie im Film: der ins Dunkel gehüllte Platz, mittendrin, eingezwängt zwischen die Frontpartien der beiden Polizeifahrzeuge, der auf den Asphalt geworfene Körper einer Frau. Außen die grellen Lampen, in der Mitte die Hauptdarstellerin, drum herum mehrere Komparsen. Nur die Kameras fehlten.
    Braig betrachtete die angewinkelt auf den Boden gestreckten Beine der Toten, ließ seine Augen über ihren Oberkörper gleiten, nahm die Partie oberhalb der Brust ins Visier.
    Derselbe Täter, er erkannte es sofort. Das Gesicht, die Wangen, die Stirn fast bis zur Unkenntlichkeit zerkratzt, das Kinn zertrümmert. Ein Wahnsinniger, ein Mörder ohne jeden Skrupel!
    Braig trat zur Seite, stützte sich an der Kühlerhaube des Polizeiautos ab. In seinem Magen rumorte es, Säure stieg ihm aus der Speiseröhre in den Rachen. Er schluckte, bekam keine Luft mehr, spürte das Brennen in seiner Mundhöhle. Weshalb diese Brutalität, woher diese Gewalt?
    Er starrte zur Seite, sah Neundorf vor der Leiche stehen. Auch sie schüttelte den Kopf, seufzte laut. Erst als sie auf ihn zutrat, merkte er, dass sie am ganzen Leib zitterte.
    »Wir müssen das Schwein kriegen«, stammelte sie, »bevor …« Sie brach mitten im Satz ab, lehnte sich an ihn.
    »Karen Rommel«, sagte eine männliche Stimme, »hier isch der Ausweis. Geldbeutel, Handy, alles da. Komplett in ihrer Handtasche.«
    Braig atmete tief durch, schob sich an seiner Kollegin vorbei ins grelle Licht. Er hatte Helmut Rössle an seiner Stimme erkannt.
    Der Techniker kniete über der Leiche, reichte ihm eine schmale, schwarze Damenhandtasche hoch. »Alle achtzig Deifel von Sindelfinge«, keuchte er, »wenn ihr den Kerl net bald fanget, no schlaf i koi Nacht mehr. Oder glaubet ihr, i krieg heut au bloß oi Aug zu nach dem Ablick?«
    Braig schüttelte den Kopf, versuchte sich aufrecht zu halten. Sein Magen rumorte immer noch, sein Kopf schien von unzähligen Nadeln durchbohrt. »Glaubst du, mir geht es besser?«, schimpfte er.
    »Jaja, i woiß, mir hocket ja alle in der Scheiße.« Rössle starrte in die Dunkelheit hinter den Scheinwerfern. »Wo isch die Ärztin?«, rief er und wandte sich an Braig: »Sie hat sie schon gründlich untersucht, wartet nur noch auf euch. I bin au fascht fertig. I sag dirs, derselbe Kerl wie in Waiblinge. Das wird heiter!«
    Eine in einen dicken, grünen Mantel gehüllte Frau trat näher, reichte Braig die Hand. »Schlotterbeck«, sagte sie, »ich bin die Ärztin.« Sie zeigte auf die Leiche zu ihren Füßen. »Das muss schnell aufgeklärt werden. Der Kerl ist wahnsinnig.«
    »Sie haben sie untersucht?«, fragte Neundorf. Sie hatte sich zu ihnen dazugestellt, wartete auf die Aussage der Frau.
    »Sie wurde erdrosselt, mit bloßen Händen. Die Abdrücke sind noch deutlich sichtbar.« Die Ärztin beugte sich nieder, drehte die Leiche auf die Seite, zeigte auf ihren Hals. Das Zupacken mehrerer Finger war gut zu erkennen. »Zugleich attackierte er ihr Gesicht. Sie sehen die Spuren.«
    Braig starrte auf den Kopf der Toten, spürte seine Beklemmung. Als ob ein überdimensional großer Schraubstock ihn gefangen hielt und irgendjemand immer fester zudrückte. Er schnappte nach Luft, glaubte, auch er müsse ersticken. Ein widerlicher Horrorfilm.
    »Sonst kann ich nichts entdecken. Keinerlei Anzeichen für ein Sexualdelikt, meines Erachtens auch nicht der Versuch dazu. Unterhalb des Halses ist die Kleidung der Frau unversehrt.« Die Ärztin drehte die Leiche wieder zurück, zeigte auf den Anorak und die Jeans der Toten.
    »Wann ist es etwa passiert?«, fragte Braig.
    »Sie war noch warm, als ich kam«, erklärte Dr. Schlotterbeck. »20.10 Uhr schätze ich, plus-minus zehn Minuten. Auch wenn es gewagt klingt, dass ich

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