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St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

Titel: St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
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gemerkt! Zitternd zog sie das Buch heraus, das sie sich unter den Umhang geschoben hatte, und strich mit den Fingern über den eingravierten Drachen.
    Während ihrer Zeit in London, als sie hatte stehlen müssen, um nicht zu verhungern, hatte sie sich zu einer Meisterdiebin entwickelt und sogar der alten Crockett das eine oder andere entwendet. Aber niemals hatte sie erwartet, eines Tages einen fünfhundert Jahre alten Zauberer übertölpeln zu können.
    Ich bin gut, dachte Kate, bei Gott, ich bin immer noch unheimlich gut. Fast hätte sie ein Triumphgeheul ausgestoßen, das sie sich dann doch verkniff. Außerdem ließ der alte Prospero sich bestimmt nicht lange täuschen. Wenn sie nur genug Zeit erhielt, um bis dahin den richtigen Zauberspruch zu finden und auswendig zu lernen. Bestens gelaunt presste sie das Bändchen an sich und rannte in die Dunkelheit davon.
    Prospero betrachtete das Buch, das anstelle seines Bändchens auf dem Schreibtisch lag. Ein Werk mit keltischen Sagen und Geschichten. Er lächelte belustigt. Was für eine kleine Schlange! So ein wagemutiges Mädchen war ihm sein Lebtag noch nicht untergekommen. Glaubte sie wirklich, der große Prospero ließe sich so leicht hinters Licht führen?
    Aber sie hatte geschickte Hände und hatte die Bücher raffiniert ausgetauscht. Der Zauberer kannte sich mit so etwas aus, hatte er sich zu seiner Zeit doch auch verschiedener Taschenspielertricks bedient.
    Allerdings galt es nun zu bedenken, wie weit er Mistress Kate gewähren lassen durfte und wann er ihr Einhalt gebieten musste ... Und welchen Zauber sollte er dazu einsetzen? Einen Blitz, einen plötzlichen eisigen Wind oder einen Feuer speienden Drachen? Ja, das sollte genügen, um der unbezähmbaren Kate Vernunft und einiges an Manieren einzubläuen.
    Er wollte schon die Hände zum Zauberspruch heben, hielt dann aber inne und überdachte alles noch einmal. Warum ihr nicht das Buch für eine Weile überlassen? Nun gut, einige seiner gefährlichsten Zaubersprüche standen dort niedergeschrieben, doch in einer längst ausgestorbenen Schrift und Sprache, die heute kein Sterblicher mehr verstehen oder auch nur entziffern konnte.
    Der Urahn grinste in sich hinein, als er sich Kates Verdruss vorstellte, wenn sie hoffnungsfroh das Buch öffnete und dann feststellen musste, dass sie kein einziges Wort davon lesen konnte ... Vermutlich würde die junge Dame in den Turm zurückstürmen und ihm sein Büchlein wutentbrannt an den Kopf werfen.
    Eigentlich hätte er auch nichts gegen ihre Rückkehr, wie er sich zu seiner Überraschung eingestehen musste. Kate erinnerte ihn an vieles, das er längst vergessen hatte ... daran, wie es war, jung un d voller Leidenschaft zu sein. Die Erinnerung löste Schmerzen in ihm aus, und er verscheuchte sie rasch. Während Prospero die Fackeln löschte und in die Finsternis entschwand, wusste er schon nicht mehr, was ihn überhaupt in die Kammer gezogen hatte. Gewiss nicht die Nöte dieser liebeskranken jungen Frau. Auch hatte es ihm nie gefallen, in Castle Leger herumzuspuken. Dieses Gemäuer barg zu viele Erinnerungen an die Narreteien der Zeit, als er noch gelebt hatte. Zu oft suchte ihn diese verwünschte Burg heim. Doch im Lauf der Jahrhunderte hatte es ihn immer wieder einmal, auch gegen seinen Willen, dorthin gezogen - für gewöhnlich dann, wenn sich Unheil über seinen Nachfahren zusammenbraute.
    Zum Beispiel damals, im englischen Bürgerkrieg, als die Truppen Cromwells die Burg hatten zerstören wollen. Oder im achtzehnten Jahrhundert, als Tyrus Mortmain es sich in seinen verrückten Kopf gesetzt hatte, alle St. Legers umzubringen...
    Oder als Anatole St. Leger in viel zu zartem Alter allein zurückgelassen worden war. Oder erst kürzlich, als Lance St. Leger es nicht verhindert hatte, dass der wertvollste Familienbesitz, das Schwert mit dem magischen Kristall, das Prospero selbst geschmiedet hatte, gestohlen wurde.
    Was mochte jetzt schon wieder anstehen? Sein Blick wanderte über die Steine der Turmkammer, als enthielten sie die Antwort.
    Prospero schwebte durch die Mauern hinaus auf den Wehrgang und betrachtete die Nachtlandschaft. Selbst nach so vielen Jahrhunderten löste dieser raue Landstrich immer noch Gefühle in ihm aus.
    Doch auch die Brandung, der felsige Strand und die Klippen konnten ihm keine Antwort geben. Seine Gabe der Vorahnung schien eingerostet zu sein. Vielleicht konnten auch Geister alt werden.
    Aber dann spürte er es. Ein leichtes Ziehen in der Nacht,

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