Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
Reaktion nicht entgangen, doch er lächelte nur.
»Keine Sorge, Captain Steel. Ich bin nicht hier, um Euch gefangen zu nehmen. Ich wollte nur wissen, wie es Euch geht. Lieutenant Dominique Lejeune, zu Diensten.«
Lejeune verbeugte sich, worauf Steel die Begrüßung in gleicher Weise erwiderte. »Lieutenant, wie kann ich Euch je angemessen danken?«
»Oh, keine Ursache. Ich betrachte mein Einschreiten als Schuld, die nun beglichen ist. Was wären wir für Männer, wenn wir kämpfen würden, ohne zumindest die rudimentärsten Regeln des Krieges zu beachten? Denn der Krieg braucht Regeln, nicht wahr? Gewisse Vereinbarungen für das Gefecht. Obwohl wir auf verschiedenen Seiten stehen, sind wir doch alle Menschen. Ich habe nicht nur Euch gerettet, Captain Steel, sondern auch die Ehre meines Landes. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie sehr es mich freut, Euch auf den Beinen zu sehen. Wusstet Ihr überhaupt, dass Ihr den ganzen Tag Fieber hattet? Ihr könnt Euch glücklich schätzen, so einen Sergeant an Eurer Seite zu haben. Gebt gut acht auf ihn, Captain. Er wäre ein Gewinn für jede Armee auf der Welt.« Slaughter lächelte verlegen und zuckte die Schultern. »Und keine Sorge, Captain«, fuhr Lejeune fort, »ich habe dafür gesorgt, dass uns niemand gefolgt ist. Meine Männer stehen loyal zu mir. Ihr versteht …«
»Aber …«, setzte Steel an.
Lejeune unterbrach ihn. »Nein, Captain. Wie ich schon sagte, ich hege nicht die Absicht, Euch unter Arrest zu stellen oder Euch auf Bewährung laufen zu lassen. Warum sollte ich? Es gibt keinen Grund. Wem sollte das nützen? Ihr würdet uns hier nur zur Last fallen. Und wenn Ihr nicht zu Euren Linien zurückkehrt, wird Lord Marlborough gewiss wieder die Macht seiner Geschütze ausspielen. Erneut würden unschuldige Menschen durch die Sprengbomben ihr Leben lassen. Aber wenn Ihr zurückkehrt, könnt Ihr Euren Leuten erzählen, dass es zumindest einen französischen Offizier gibt, der die Absicht hat, diese Schlacht ehrenvoll zu führen.«
Nach einer Pause fügte er hinzu. »Mir ist sehr wohl bewusst, dass Ihr zu Euren Leuten zurück wollt. Ich würde an Eurer Stelle genauso handeln. Das ist nun einmal unsere Pflicht als Offiziere, oder? Also dürft Ihr zu Euren Linien zurück. Falls Ihr einen Weg findet. Vielleicht helfen Euch Eure neuen flämischen Freunde. Vielleicht haben sie das auch längst getan … Ich bin Realist, Captain. Ich weiß, dass wir letzten Endes vor Eurem General Marlborough kapitulieren müssen, dass Ostende verloren ist. Ich versuche, die Stadt mit möglichst wenig Blutvergießen zu übergeben. Und verlasst Euch darauf, ich lenke meinen Major so lange ab, bis Ihr fort seid. Und nehmt die Lady mit. Sie hat gewiss genug gelitten. Überlasst sie unter keinen Umständen Trouin und dessen Wilden.«
»Und was ist mit Euch, Lieutenant? Wird man Euch nicht festnehmen, weil Ihr uns geholfen habt?«
Lejeune lächelte ihn an. »Ja, schon möglich. Ich glaube, dass Major Malbec bereits nach mir suchen lässt. Und sein verfluchter Sergeant, dieser Bastard aus dem Elsass. Bislang konnte ich mich ihnen entziehen, aber ich muss mich meinem Schicksal stellen. Leider wird Trouin inzwischen bei Malbec sein, fürchte ich. Ich hoffe nur, dass Ihr die Belagerung beenden könnt, bevor Trouin die Gelegenheit bekommt, Vergeltung an mir zu üben.«
Steel dachte einen Augenblick nach. »Ihr könntet mit uns kommen. Ich bürge für Euch. Ihr könnt den Krieg unbehelligt in England oder Schottland verbringen. Nicht im Gefängnis, versteht sich. Ich denke, wir könnten Euch eine passable Unterkunft in einem englischen Landhaus besorgen. Ich könnte das arrangieren. Ihr könntet Euch dort frei bewegen.«
Lejeune lachte. »Danke, Captain, aber ich muss ablehnen. Ich würde meinen Posten vernachlässigen und meine Männer allein lassen. Und Ihr wisst, dass ich das nie tun könnte. Ich glaube, Ihr und ich, wir haben viel gemein, Captain Steel. Wir kämpfen zwar in verschiedenen Armeen und für unterschiedliche Ziele, aber in unserem Herzen sind wir Soldaten. Wir versuchen, das Beste in einem Beruf zu geben, der schlimmstenfalls nichts anderes als Mord ist. Es ist an Leuten wie Euch und mir, Steel, diesen Umstand zu ändern. Wir müssen unsere Taten in Ruhm hüllen. Um Ehre in den niedersten Begebenheiten zu finden. Aber Ihr müsst jetzt gehen. Eure Freunde werden den Weg kennen, und ich sorge dafür, dass Euch nichts geschieht, sofern ich dazu in der Lage bin. Lebt wohl, Captain
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