Steh zu dir
und hoffte, dass sich Arlette bis dahin wieder gefangen hätte. Ich brauchte mehr Zeit – oder zumindest dachte ich, das wäre der einzige Grund für die Verzögerung.« Er sah Carole traurig an. »Letztlich hast du genau das Richtige getan.« Es fiel ihm unglaublich schwer, das einzugestehen. »Wahrscheinlich hätte ich sie nie verlassen. Weder sie noch meinen Job. Nachdem du aus Paris fortgezogen warst, blieb ich noch weitere sechs Jahre im Amt. Es hätte immer einen Grund gegeben, Arlette nicht zu verlassen. Ich glaube nicht, dass sie mich noch geliebt hat. Sie wollte mich einfach nicht an eine andere Frau verlieren. Ich hatte einfach nicht den Mut, dir zu sagen, dass ich es nicht tun kann. Dabei habe ich mich selbst mehr angelogen als dich. Ich fand dich grausam mir gegenüber. Aber du hattest recht. Andernfalls hätte ich dir das Herz gebrochen, mehr noch, als es schon passiert war. Die letzten sechs Monate waren ein Albtraum. Wir haben ständig gestritten, und es flossen viele Tränen.«
»Was gab den Ausschlag? Warum bin ich schließlich gegangen?« Caroles Stimme war nur ein Flüstern.
»Noch eine Lüge, noch ein Aufschub. Eines Morgens bist du aufgestanden und hast angefangen zu packen. Du hast bist zum Ende des Schuljahres gewartet. Ich hatte nichts wegen der Scheidung unternommen, und man bat mich, ein weiteres Jahr im Ministerium zu bleiben. Ich versuchte, es dir zu erklären, aber du wolltest nicht zuhören. Eine Woche später bist du abgereist. Ich brachte dich zum Flughafen, und wir haben beide die ganze Fahrt über geweint. Du sagtest, ich solle dich anrufen, wenn ich geschieden sei. Ich rief dich an, aber ich ließ mich nicht scheiden und blieb im Ministerium. Dort wurde ich gebraucht. Und Arlette brauchte mich auch, auf ihre Weise. Und sie meinte, ich sei es ihr schuldig zu bleiben. Nachdem du wieder in L. A. warst, habe ich dich ein paar Mal angerufen. Irgendwann weigertest du dich, ans Telefon zu kommen. Ich hörte, du hättest das Haus verkauft. Eines Tages fuhr ich noch einmal daran vorbei. Es brach mir fast das Herz, als ich daran dachte, wie glücklich wir dort gewesen waren.«
»An dem Tag mit dem Bombenanschlag war ich auch dort. Ich wollte es unbedingt noch einmal sehen. Als das Attentat passierte, war ich gerade auf dem Rückweg zum Hotel«, sagte Carole, und Matthieu nickte. Dieses Haus war für sie beide eine Zuflucht gewesen, ein sicherer Hafen und ein Liebesnest, in dem sie ihr Kind zeugten. Sie fragte sich unweigerlich, was wohl passiert wäre, wenn sie das Kind bekommen hätte. Ob er sich dann hätte scheiden lassen. Wahrscheinlich nicht.
Carole hätte das nie ein Leben lang akzeptiert. Sie hätte niemals für immer mit dem Ehemann einer anderen Frau zusammenleben können. Das hatte sie ihm von Anfang an gesagt.
»Wir hätten unsere Beziehung nie anfangen sollen«, sagte sie und rückte das Kissen unter ihrem Kopf zurecht.
»Wir hatten keine andere Wahl«, widersprach Matthieu.
»Wir liebten uns zu sehr.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, entgegnete sie. »Menschen haben immer eine Wahl. Wir trafen die falsche und haben teuer dafür bezahlt. Ich bin mir nicht sicher, aber vermutlich habe ich dich nie vergessen können.«
»Ich habe gelesen, dass du vor etwa zehn Jahren wieder geheiratet hast«, sagte er, und sie nickte. »Ich habe mich für dich gefreut.« Er lächelte reumütig. »Und ich war unheimlich eifersüchtig. Er ist ein glücklicher Mann.«
»Er starb vor zwei Jahren an Krebs. Jeder sagt, dass er ein wunderbarer Mensch war.«
»Deshalb war Jason hier. Ich hatte mich schon gewundert.«
»Er wäre in jedem Fall hergekommen. Er ist eine Seele von Mensch.«
»Vor achtzehn Jahren hast du das anders gesehen«, sagte Matthieu. Über ihn würde sie das nicht sagen. Damals zumindest hatte sie ihm vorgeworfen, dass er ein Lügner sei und sie getäuscht habe. Als unehrlich und unehrenhaft hatte sie ihn bezeichnet. Das hatte ihn tief getroffen. Niemand hatte ihn dessen je beschuldigt, aber sie hatte recht.
»Aber inzwischen habe ich meine Meinung geändert«, sagte Carole über Jason. »Wir alle bezahlen am Ende für unsere Sünden. Das russische Model verließ ihn etwa zu der Zeit, als ich aus Paris fortging.«
»Wollte er danach wieder mit dir Zusammensein?«, fragte Matthieu neugierig.
»Offenbar schon. Doch er sagt, ich hätte es abgelehnt. Vielleicht habe ich dich zu dem Zeitpunkt noch geliebt.«
»Bedauerst du es?«
»Ja«, antwortete sie ehrlich. »Ich
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