Steinhauer, Franziska
ihnen.
Gemeinsam mit Kevin und ein paar anderen Neulingen schlossen sie sich anderen Satansanhängern an, die zielstrebig durch die Reihen der Gräber auf einen bestimmten Punkt zusteuerten.
Julian schob seine blonden Haare unter eine schwarze Mütze und grinste schief. Fasziniert betrachteten sie die Gestalten, die an ihnen vorüberzogen. Manche trugen Kutten, deren Kapuzen sie sich tief ins Gesicht gezogen hatten, Mario entdeckte Ketten mit einem inversen Kreuz daran, andere trugen ein Baphomet.
Keiner sprach ein Wort.
Unheimlich, ja bedrohlich wirkte die Menge der Schweigenden.
Ihr neuer Bekannter zog nun ebenfalls seine Kapuze über den Kopf. Offenbar wusste er genau, was zu tun war. Mario zuckte nervös zusammen, als eine hochgewachsene Gestalt ihn nach seinem Namen fragte.
„Mario.“
Wortlos packte die vermummte Gestalt nach seinem Handgelenk und forderte ihn auf, ihr zu folgen.
„Halt!“ Kevin Baumeister trat an den Schwarzen heran. „Was?“, fragte der in aggressivem Ton zurück.
„Sie sind zu zweit. Willst du sie beide mit dir nehmen, so nimm sie. Willst du nur einen Anwärter betreuen, so wähle neu!“
Mario umklammerte hilfesuchend Julians Hand.
„Wer spricht so mit mir?“
„Kevin Baumeister!“
Der Name schien die Gestalt zu beeindrucken. Offensichtlich war Hunter eine wichtige Persönlichkeit innerhalb der Gruppierung, denn Marios Hand wurde umgehend freigegeben. Der Fremde wählte einen neuen Zögling und verschwand mit ihm in der Dunkelheit.
„Danke“, keuchte Mario.
„Kein Grund. Ich dachte nur, dass ihr bestimmt lieber zusammenbleiben wollt.“
Nach und nach wurden alle Neulinge von Begleitern übernommen, Mario und Julian blieben bei Kevin.
„Scheint sich herumgesprochen zu haben, dass ihr zu mir gehört“, flüsterte ihr neuer Freund amüsiert und erklärte dann: „Das ist ähnlich wie bei einer Adoption. Jeder Neuling wird von einem erfahrenen Sektenmitglied betreut, damit er jemanden an der Seite hat, der ihn einweist. Ihr habt mich. Das bedeutet aber auch: Ich habe euch. Wenn ihr gegen die Regeln verstoßt, werdet nicht nur ihr, sondern auch ich bestraft. Denkt also daran, ab jetzt hafte ich für jeden Fehler von euch. Also macht gefälligst keine!“ Kevins kumpelhaftes Benehmen war einem beschwörenden Tonfall gewichen.
„Wir verstehen schon. Wir werden gut aufpassen, um dich nicht in Schwierigkeiten zu bringen“, versicherte Julian, und sein Freund nickte.
Der vorsichtige Mario wollte nun wissen, wie die Regeln lauteten, denn schließlich müsse man ja wissen, was es zu vermeiden galt.
„Die oberste Regel für Zusammenkünfte lautet: Verschwiegenheit!“
Kevin musterte die beiden Freunde kritisch. „Miteinander könnt ihr natürlich darüber reden. Aber niemals in der Öffentlichkeit. Jemand könnte etwas aufschnappen. Also gilt: immer aufmerksam sein, immer vorsichtig. Untereinander erkennen wir uns nicht nur an der stets getragenen schwarzen Kleidung, es gibt noch andere Erkennungsmerkmale, die ihr später kennen lernen werdet. Denkt immer dran: Wir sind ernsthafte Satanisten, keine von diesen lächerlichen Gothic-Typen, die sich für unglaublich provokant halten. Die reden nur – wir aber leben die Lehren Satans.“
„Aha. Und was kann einem passieren, wenn man gegen die Lehren Satans verstößt? Einen Fehler macht?“ Mario zwang sich, nicht auf die Narbe im Gesicht des anderen zu starren.
„Im schlimmsten Fall – wird Satan dich töten. Hältst du dich aber an die Regeln und bist eifrig, so wird er dir Seelenflecken auf deinem Konto gutschreiben. Zerberus ist euch ein Begriff? Wenn wir sterben, wird Lucifer uns den Weg in die Finsternis weisen. Ein Weg aus Feuer geleitet uns in eine Welt voller Befriedigung, Lust, Genuss, Luxus und Wohlbefinden. Doch um wirklich eingelassen zu werden, muss Zerberus uns den Weg freigeben. Je mehr Flecken ihr nun auf eurem Konto vorweisen könnt, desto eher wird er euch Zutritt gewähren.“
Die Freunde zögerten.
„Töten? Satan kann uns töten, wenn wir gegen seine Regeln verstoßen? Wie?“
„Er wird einen Weg finden. Aber das passiert nur, wenn man mutwillig und in gravierender Weise gegen seine Gesetze verstößt“, wiegelte Baumeister ab, der es schon bereute, diesen Gesichtspunkt zu diesem frühen Zeitpunkt erwähnt zu haben.
„Gib mal ein Beispiel!“, forderte Mario nervös.
„Wenn jemand aus der Gruppe unsere Aktionen an die Polizei verrät – also bewusst gegen das Gesetz der
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