Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur
erstarb, und er sprang zur Seite, als sie den Kopf schüttelte und zusammengekrümmt an ihm vorbei in das kleine Badezimmer neben ihrem Büro stürzte.
Gerade noch rechtzeitig erreichte sie es. Mit Alessandro an ihrer Seite. Nachdem sie sich übergeben hatte, reichte er ihr einen nassen Waschlappen. Dankbar presste sie ihr Gesicht hinein und war froh, ihre brennenden Wangen verbergen zu können.
„Brauchst du noch etwas?“, fragte er besorgt.
„Du hast schon genug angestellt, findest du nicht?“, krächzte sie.
Er nahm ihr den Lappen ab und drückte ihr ein Glas Wasser in die Hand. Geduldig wartete er ab, bis sie es ausgetrunken hatte, dann half er ihr auf die Füße. Sie war so schwach, dass sie sich an ihn lehnen musste. Für ein paar Sekunden fühlte sie sich wie im Himmel. Dann merkte sie, wie angespannt und unnahbar er sich anfühlte. Und schon griff er nach ihren Händen, hielt sie, bis sie aufgehört hatte zu zittern, und zog sich dann zurück.
Seine Miene hatte sich verfinstert. „Ja. Ich habe dir ein Zuhause und unbefristete Arbeit gegeben“, sagte er mit frostiger Stimme. „Beides hast du nicht gehabt, als wir uns kennenlernten.“
Seine Augen glitzerten gefährlich. Unwillkürlich fragte sich Michelle, was in ihrem Leben denn noch alles schiefgehen konnte. Wenn sie ihn provozierte, würde sie es bald erfahren, und ihre Träume lösten sich endgültig in Luft auf.
„Erwartest du Dankbarkeit von mir dafür, dass du mich auf Distanz hältst? Glaubst du, damit deiner Pflicht Genüge getan zu haben? Oder wolltest du verhindern, dass ich dich vor deinen Freunden blamiere? Vor Terence Bartlett zum Beispiel?“
Die letzten Wochen waren hart für sie gewesen, aber noch nie hatte sie sich so unglücklich gefühlt wie jetzt. Sie geriet außer sich.
„Ich bekomme ein Baby, du hast mich verlassen. Und du erwartest Dankbarkeit?“
Er antwortete nicht, sondern starrte vor sich hin. Dann senkte er den Blick und ließ ihn langsam bis zu ihrem Bauch hinabwandern. Seine Schultern hoben und senkten sich. Offenbar herrschte ein schrecklicher Tumult in seinem Inneren. Als er endlich sprach, klang er so gepresst, als müsste er sich zusammenreißen, um nicht loszupoltern.
„Du bist also schwanger, ja? Nun, das wundert mich gar nicht.“ Er verzog spöttisch den Mund. „Kinder sind eine hervorragende Verhandlungsmasse. Ob du das Baby austragen willst, brauche ich dich wohl nicht zu fragen.“
Alle Gerüchte, die um diesen Mann kreisten, fielen ihr ein. Doch sie ließ sich davon nicht Bange machen, sondern mobilisierte ihre ganze Kraft.
„Ich weiß, wie es ist, unerwünscht zu sein. Ich bin allein auf dieser Welt. Und ich habe mich für dieses Kind entschieden“, sagte sie fest. „Also erwarte von mir keine Dankbarkeit für das Dach über dem Kopf und den Job. Ich arbeite dafür und liege niemandem auf der Tasche. Was hätte ich sonst tun sollen? Ablehnen?“
„Dich mir anvertrauen“, sagte er gepresst.
Was meinte er? Schweigend sah sie ihn an, und ihre Angst wuchs. Was führte er nun im Schilde?
Schließlich richtete er sich auf, schaute sie aber nicht an. „Von jetzt an müssen wir Schadensbegrenzung betreiben. Beginnen wir mit dem Märchen unserer glücklichen Wiedervereinigung.“
Michelle rührte sich nicht. Diesem Mann hatte sie alles gegeben, was sie besaß. Als er sie verließ, hatte er eine Leere hinterlassen, die sich durch nichts und niemanden füllen ließ. Und nun stand er wieder vor ihr. Sie hatte so viele Fragen an ihn, dass ihr die Kehle schmerzte. Doch sie durfte nicht gleich mit ihnen herausplatzen. Um mit ihm über ihre kurze gemeinsame Vergangenheit zu sprechen, brauchten sie Ruhe und Bereitschaft zur Offenheit. Sonst würde sie nie erfahren, was sie ihm bedeutet hatte. Doch sein Gesichtsausdruck war verschlossen und abweisend. Nur seine Augen loderten.
„Wieso bist du so ruhig, Michelle? Woher hast du bloß die Nerven dazu?“
Sie hörte den Vorwurf heraus und fand ihn ungerecht. „Ich versuche, das Beste aus der Situation zu machen. Mehr geht nicht“, sagte sie und zuckte die Schultern. Doch ihre Wangen überzogen sich mit Röte.
„Ja, natürlich.“ Der Zorn in seinen Augen erlosch.
Sein Gleichmut empörte Michelle. Erwartete er etwa ein Schuldgeständnis von ihr? Fehlte ihm denn jedes Erbarmen? Er war ihr doch näher gekommen, als sie sich selbst gewesen war. Und auch jetzt noch, nach all der Enttäuschung, sah sie den Märchenprinzen in ihm. Das Haar trug er jetzt
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