The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
zusammen. Dann suchte ich nach den verbliebenen Wasserflaschen. Es waren nur noch ein paar Schlucke übrig.
Ich hob die Flasche an Rachels Lippen. Als das Wasser dagegen schlug, riss sie die Augen auf. Ein heiseres Wimmern drang aus ihrer Kehle. Sie holte aus und schlug mir die Flasche aus der Hand. Joshua und Tyler griffen nach ihren herumwirbelnden Armen, doch sie beruhigte sich, bevor sie sie erneut festhalten konnten.
Joshua stand auf. Er beugte sich so nahe zu mir vor, dass ich seinen heißen Atem an meinem Ohr spüren konnte. »Das nennt man Hydrophobie. Manche Tollwütige können kein Wasser mehr schlucken, weil sie Angst davor haben, daran zu ersticken.«
Deshalb hatte Rachel also diese Schluckbeschwerden gehabt, bevor wir den Tunnel betreten hatten.
»Können wir denn nichts dagegen tun?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf.
Ich sah zu Rachel hinüber. Tyler streichelte ihren Kopf. Sie hatte die Augen auf ihn gerichtet, aber ich war mir nicht sicher, ob sie ihn auch wahrnahm. Seine Lippen bewegten sich, und ich hörte ein leises Schlaflied. Der erste graue Lichtschein erschien am Horizont, und ein paar Grillen stimmten ihr Lied an. Es war alles so friedlich – kaum auszuhalten. Am liebsten hätte ich die Sterne heruntergerissen und den Mond vom Himmel getreten. Wie konnten sie so schimmern wie eh und je, wenn hier unten alles den Bach runterging?
Rachel sah zu mir auf, sobald ich mich neben Joshua hinkniete. Ich lächelte angespannt. Sobald sich ihre Lider senkten, sank ich gegen Joshua und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Ich nahm seine Hand und fuhr mit dem Daumen über die Narbe auf seiner Handfläche.
Die Minuten verstrichen, und ich lauschte dem Ra scheln der Büsche im Wind.
Ein trockenes Knistern.
Rachel hatte die Augen weit aufgerissen. Ihr Mund öffnete sich, als hätte sie Maulsperre. Sie versuchte, den Kiefer zu bewegen – vergebens. Ihre Kehle verkrampfte sich, und sie schlug mit den Armen um sich. Sie konnte nicht mehr schlucken. Wir eilten ihr zu Hilfe, und ich massierte ihre Kehle. Panik stand in ihren Augen, ein Gurgeln stieg aus ihrem Inneren auf. Tyler hob sie in eine Sitzposition, doch sie war immer noch nicht in der Lage zu schlucken oder die Lippen zu bewegen. Schleimiger Speichel sammelte sich in ihren Mundwinkeln.
Tyler murmelte ein paar tröstende Worte, doch seine Stimme zitterte so stark, dass er nicht zu verstehen war.
Rachel drückte den Rücken durch. Ein neuer gurgelnder Hustenanfall brach aus ihr hervor.
»Wir müssen was tun! Sie erstickt!«, rief ich.
Joshua wandte sich ab und biss die Zähne zusammen.
Aus Rachels Mund drang ein Flüstern. Wir rückten näher, um sie besser verstehen zu können. Als ich ihre Worte hörte, war mir, als würde ich zu Eis erstarren.
»Tötet mich.«
Ihre Finger umklammerten Tylers Hemd. Sie sah ihn flehentlich an.
»Joshua«, sagte Tyler mit solcher Verzweiflung in der Stimme, dass mir die Tränen in die Augen schossen.
»Nein.« Joshua stand auf und trat einen Schritt zurück. »Das kann ich nicht.«
»Bitte. Sie will es so.«
Tyler verzog das Gesicht und griff nach seiner Waffe. Rachel entspannte sich. Erleichterung war in ihren Augen zu erkennen.
»Tötet mich, bitte«, krächzte sie.
Tyler beugte sich über Rachel, küsste sie auf die Stirn und flüsterte ihr etwas zu, das ich nicht hören konnte. Langsam richtete er sich auf und nahm sie mit zitternder Hand ins Visier. Ich schloss die Augen und wartete, doch kein Schuss folgte. Ich sah Tyler an, der die Waffe sinken ließ. Er starrte auf den Boden und fing an zu weinen. »Es tut mir so leid. Es geht nicht.«
Jetzt verschwand alle Hoffnung aus Rachels Miene. »Ich verstehe«, flüsterte sie. Zentimeter für Zentimeter hob sie den Arm vom Boden. Ihre Finger öffneten und schlossen sich. »Gib mir die Pistole.«
Tyler zögerte, bevor er ihr die Waffe reichte. Einen kurzen Augenblick lang berührten sich ihre Finger. Dann fiel ihre Hand wieder auf den Boden, ohne die Pistole dabei loszulassen. Sie hielt sie so fest umklammert, als wäre sie ihr Rettungsanker. Erneut wurde Rachels Körper von einem heftigen Hustenanfall durchgeschüttelt. Blut rann aus ihrer Nase. Tyler schluchzte und trat einen Schritt zurück. Unter großer Anstrengung hob Rachel die Waffe, schloss die Augen und umklammerte mit der anderen Hand das Kruzifix, das sie um den Hals trug. Ihre Lippen bewegten sich in stummem Gebet.
Einerseits wollte ich sie aufhalten, sie anflehen, abzuwarten,
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