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Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Titel: Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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und Tal und kaum erkennbaren Schneisen durch dichte Wälder folgen. Mit größter Vorsicht galt es, die tückischen Sumpfgebiete zu umgehen, in denen während der Kriege gegen die Sachsen ganze Heerhaufen versunken waren. Zu unserem zusätzlichen Verdruss schlug das Wetter um, und viele Male zwangen uns Sturm und Regen zu rasten, manchmal in Bauernkaten, oft in Höhlen und Erdmulden oder nur unter Blätterdächern. Es gab Tage, an denen wir keine fünf Meilen schafften.
    Zum Glück aber hatten wir Helko, unseren sächsischen Leibwächter, der in dieser Gegend aufgewachsen war. Wenn er auch einige Male irrte, brachte er uns doch sicher zu der alten Thingstätte Markloh an der Weser. Diesem Fluss folgten wir nun drei Tagereisen in nördlicher Richtung und erreichten jenen traurigen Ort an der Allermündung, wo vor 20 Jahren unser Herr Karl im Zorn über die unbotmäßigen Sachsen, die am Süntelgebirge viele seiner Krieger erschlagen hatten, eine Massenhinrichtung befahl. Man spricht von über 4000 geköpften Sachsen! Nachdem uns ein Fährmann hier auf die andere Seite gebracht hatte, nahmen wir am 25. Tag das letzte Stück in Angriff und schlugen uns noch einmal neun Tage lang durch die Wildnis. Ende April waren wir in Aachen aufgebrochen, Anfang Juni näherten wir uns endlich unserem Ziel.
    An den letzten drei, vier Reisetagen trafen wir auf keine einzige menschliche Niederlassung. Zu Helkos großem Kummer war auch das Dorf nicht mehr auffindbar, in dem er seine Mutter und seine Verwandten wiederzufinden hoffte. Vielleicht war es von feindlichen Nachbarn zerstört, vielleicht von den Bewohnern selbst abgerissen worden. Wenn der Boden ringsum nur noch schlechte Ernten bringt, ziehen die Sachsen, ein „bewegliches Völkchen“, wie Odo sie nennt, mit Haus und Herd, mit Sack und Pack woandershin, um Bäume zu roden und neuen Boden urbar zu machen. Mit Ausnahme einer Räuberbande, die wir aber in die Flucht schlagen konnten, gab es niemanden in dieser Gegend, dem wir willkommen waren. Auf einmal endete auch der Weg, ein tiefer Waldsee breitete sich vor uns aus. Wegen seines morastigen Ufers konnte er nicht umgangen werden, und wir mussten Bäume fällen und ein Floß bauen. Das kostete noch einen ganzen Tag.
    Wenig angenehm waren auch die Nächte, die wir in unseren Zelten mitten in der Wildnis verbrachten. Bis zum Morgengrauen mussten Feuer unterhalten werden, um Wölfe und anderes Getier fernzuhalten. Von Zeit zu Zeit äußerte einer in unserem Trupp Zweifel, dass wir uns überhaupt noch im Reich der Franken befanden. Eher schienen wir uns in dieser einsamen, wüsten Gegend dem Ende der bewohnten Welt zu nähern. Die beiden Wenden versicherten uns jedoch immer wieder, dass wir unserem Ziel nahe seien.
    Und schließlich war es erreicht! Wie unendlich groß war unsere Erleichterung, als der Wald sich lichtete und wir vor uns die weite, freie Ebene sahen. In ihrer Mitte hinter Wällen und Zäunen eine Siedlung mit zahlreichen Dächern. Das war die frühere Sachsenburg, in der jetzt der fränkische Graf saß und seinen Grenzgau regierte.
    Wir stießen einen Jubelruf aus. Rasch säuberten wir unsere Stiefel, richteten unsere Kleider und bestiegen die Reittiere, um als Boten des Kaisers einen würdigen Einzug zu halten. Und seltsam – wir waren noch 300 Schritte entfernt, als plötzlich ein Tor geöffnet wurde, so als erwartete man uns schon und wollte uns einlassen.
    Doch das war Täuschung. Gleich darauf wurden wir gewahr, dass Männer, Frauen und Kinder aus diesem Tor heraustraten. Sie bildeten einen langen Zug, der allmählich auf 60, 80, 100 Köpfe anwuchs. An seiner Spitze wurde eine Bahre getragen, auf der ein Mann lag. Der Zug bewegte sich direkt auf uns zu.
    „Bei allen Heiligen!“, sagte ich. „Man empfängt uns mit einem Leichenzug!“
    „Kein gutes Zeichen“, brummte Odo.

3. Kapitel
    „An deinem Grabe geloben wir, edler Berulf, dass wir nicht ruhen und rasten werden, bis wir es denen heimgezahlt haben, die diese scheußliche Untat vollbrachten. Die wendischen Hunde mögen zittern!“
    Der Mann, der diese markigen Worte sprach, war Graf Waratto, ein großer, stattlicher, reich gekleideter Franke. Hoch aufgerichtet stand er am Rande der Grube. Haare und Bart tiefschwarz, der Blick streng und düster, das Antlitz zornrot, die Gesten kraftvoll und herrisch – wahrhaftig, dieser Mann flößte Furcht ein, und man glaubte ihm, dass er eine Drohung wahr machen würde. Er zog einen kostbaren, mit Edelsteinen

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