Trainspotting: Roman (German Edition)
bloß einer von vielen Anwärtern drauf, außerdem hatte er n bißchen Angst vor meinem Bruder Billy. In gewisser Hinsicht, na, um ehrlich zu sein, in jeder Hinsicht nutzte ich Billys Ruf schamlos aus, denn eigentlich war ichn Feigling. Na, jedenfalls roll ich Begbie aufn Rücken, und was seh ich? Seinen tropfenden, erdverdreckten Pimmel. Der Arsch hatte mit seinem Klappmesser heimlich n Loch in den weichen Boden gebuddelt und die Wiese gevögelt. Ich hab mich fast bepißt. Begbie auch. Der Arsch war damals leichter zu nehmen, bevor er anfing, seine, und zugegeben auch unsere, Propaganda zu glauben, daß er n kompletter Psychopath is.
– Franco, du Drecksau! sagte Gary.
Begbie packt seinen Pimmel ein, zieht den Reißverschluß hoch, nimmt ne Handvoll Soße und Erde und reibt sie ihm ins Gesicht.
Ich krepier fast vor Lachen, als Gary ausrastet; er steht auf und tritt Begbie gegen die Sohlen seiner Trainingsschuhe. Dann stürmt er wütend davon. Wenn ich so drüber nachdenk, is das wohl eher ne Begbie-Geschichte und keine von Lizzy, wenn auch ihr mutiger Auftritt gegen Morag der Anlaß dafür war.
Na, jedenfalls, als Tommy vorn paar Jahren was mit Lizzy anfing, dachten die meisten: Hat der n Glück. Nich mal Sick Boy hat mit Lizzy gepennt.
Merkwürdig, Tommy is immer noch nich auf das Sgag zu sprechen gekommen. Überall fliegt mein Besteck rum, und er hat wahrscheinlich sowieso schon längst mitgekriegt, daß ich ziemlich zu bin. Unter solchen Umständen liefert Tommy meistens ne schlechte Imitation meiner Alten ab: Du bringst dich nur um / laß es sein / du kannst auch ohne den Mist gut leben, so Scheiß.
Er sagte: – Was bringt dir der Stoff, Mark? Der Stimme nach meint er die Frage ganz ernst.
Ich zuckte mit den Schultern. Darüber wollt ich nich reden. Am Royal Edinburgh Hospital gabs schon genug Ärsche mit Abschlüssen und Diplomen, die von der Stadt bezahlt wurden, um diesen ganzen Beratungsscheiß mit mir durchzuziehen. Hat nix genützt. Aber Tommy is hartnäckig.
– Erzähl doch mal, Mark. Ich möchts gern wissen.
Andererseits, wenn ich so drüber nachdenk, verdienen Freunde, die durch dick und dünn zu einem gehalten haben, meistens beschissen dünn, wengistens den Versuch einer Erklärung, wenn schon die Drogenberater/Gedankenpolizei eine kriegen. Ich zieh meine übliche Leier ab.
– Ach, ich weiß nich, Tom, ich weiß es nich. Mir kommt dann alles einfach wirklicher vor. Das Leben is doch langweilig und sinnlos. Am Anfang haben wir alle möglichen großen Hoffnungen, aber dann kneifen wir. Wir merken, daß wir alle sterben müssen, ohne wirklich Antworten auf die wichtigen Fragen bekommen zu haben. Wir entwickeln alle möglichen verdrehten Vorstellungen, die die Wirklichkeit unseres Lebens bloß auf verschiedene Weise interpretieren, ohne daß wir über wichtige Dinge, die großen, die wirklichen Dinge auch mehr wissen. Eigentlich leben wir doch bloßn kurzes, enttäuschendes Leben, und dann sterben wir. Wir füllen unser Leben mit allem möglichen Scheiß voll, Karriere und Beziehungen, und machen uns vor, daß das alles nich total sinnlos ist. Äitsch is ne ehrliche Droge, weil sie alle diese Illusionen zerstört. Wenn du auf Äitsch bist, und du fühlst dich gut, dann kommste dir unsterblich vor. Wenn du schlecht drauf bist, dann verstärkt es bloß den Scheiß, der schon da is. Heroin is die einzige ehrliche Droge. Dein Bewußtsein verändert sich dadurch überhaupt nich. Es gibt dir bloßn Kick und das Gefühl, daß es dir gutgeht. Danach siehste das Elend in der Welt so, wies wirklich is, und dagegen kannste dich nich mehr betäuben.
– Blödsinn, sagt Tommy. Dann: – Völliger Dünnschiß. Wahrscheinlich hat er recht. Hätt er mich letzte Woche gefragt, dann hätt ich ihm wahrscheinlich was völlig anderes erzählt. Wenn er mich morgen fragt, wieder was völlig anderes. Aber im Augenblick bleib ich bei meiner Meinung, daß der Stoff seine Wirkung tut, wenn einem alles andere langweilig und unwichtig vorkommt.
Mein Problem is folgendes; jedesmal wenn ich die Möglichkeit seh oder tatsächlich hab, was zu erreichen, von dem ich glaub, ich wills, Freundin, Wohnung, Job, Ausbildung, Geld, und so, kommts mir auf einmal so langweilig und steril vor, daß ich überhaupt keinen Wert mehr drauf leg. Aber Stoff is was anderes. Dem kann man nich einfach so den Rücken kehren. Der läßt dich nich. Sich mit nem Drogenproblem rumschlagen is die größte Herausforderung, dies gibt. Außerdem
Weitere Kostenlose Bücher