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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Carrig, von der Zinne des Turmes in die Tiefe gestürzt hatte.
    Aber jetzt …
    Er hatte sich von Stamm und Familie losgesagt. Aber Belfeors Leute ließen ihn deutlich fühlen, daß er unter ihnen stand. Und was das Schlimmste war: sogar ihre Frauen sahen auf ihn herab. In Carrig war es für einen Vornehmen undenkbar, sich von einer Frau mit Mißachtung behandeln zu lassen. Er war allein. Er hatte keinen Freund mehr.
    Vor zwei Stunden hatte er noch, einmal Hoffnung geschöpft, als Abgesandte des Stammes Parradil, seines früheren Stammes, ihn zu sprechen verlangt hatten. Vielleicht wollten sie einlenken. Aber da hatte er sich getäuscht. Sie hatten ihn zwar höflich angeredet, aber hinter den Worten lag Spott, und in ihren Augen war Verachtung zu lesen.
    „In diesem Jahr“, so hatte Sir Gurton Knole begonnen, „tritt der erste Frühjahrsneumond spät ein.“ Sir Gurton war der jüngere Bruder von Sir Bavis und seit dessen Sprung vom Turm das Stammesoberhaupt. Ambrus nickte. Sir Gurton als erster Priester mußte über diese Fragen besser Bescheid wissen als er selbst.
    „Wir haben ein neues Oberhaupt“, sagte Sir Gurton. „Im vorigen Jahr hat er den König abgeschossen, ohne überhaupt im Segler aufzusteigen. Das war eine Verfälschung der Königsjagd, aber sie wurde immerhin abgehalten.“
    Ambrus erinnerte sich nur zu gut an dieses scheußliche Ereignis.
    „Aber jetzt“, fuhr Sir Gurton fort, „haben wir uns schon mehrmals wegen der Königsjagd an Belfeor gewandt und keine Antwort erhalten. Seine Leute haben die Königsjagd-Kandidaten zur Arbeit in die Berge geschickt, so daß sie nicht trainieren können. Manche haben es aufgegeben, weil Belfeor sich wieder hinstellen und den König herunterschießen kann. Jetzt aber wird geredet – und darauf muß ich Nachdruck legen, weil du immerhin im Stamme Parradil geboren bist, auch wenn du ihm abgeschworen hast – es wird geredet, daß Belfeor die Götter ebenso kränken will, wie unsere Vorfahren, die dafür aus ihrer Heimat vertrieben und in den eisigen Norden gejagt wurden. Die Leute sagen – und ich kann dem nicht widersprechen – daß die Götter abermals die Sonne auf uns schleudern werden, daß alles verbrennt, aber diesmal ohne Überlebende.“
    Ambrus war von diesen Worten betroffen. Er fragte:
    „Was wollt ihr von mir?“
    „Geh zu Belfeor! Frage ihn, welche Vorbereitungen für die diesjährige Königsjagd getroffen werden. Auf unsere Fragen antwortet er nicht. Aber vielleicht hört er wenigstens auf dich!“ Dabei wurde die Stimme von Sir Gurton heiser vor Verachtung.
    So saß Ambrus jetzt in der Klemme. Er schwitzte, als er an Belfeors Privatbüro klopfte. Früher hatte sein Vater dort gearbeitet.
    Er hörte Stimmen hinter der Tür, aber er mußte noch einmal klopfen, ehe Belfeors scharfes Kommando ihm einzutreten erlaubte.
    Belfeor war in Gesellschaft von Pargetty, des blonden, nervösen Mannes, der von Anfang an bei ihm gewesen war. Außerdem war eine Frau mit feuerrot geschminktem Mund und kalten Augen anwesend. Sie hatte die Leute in die Stadt geführt, die Belfeor als seinen Stamm bezeichnete. Sie saßen am Tisch und diskutierten über einem Stapel von Papieren.
    „Was ist los?“ fragte Belfeor gereizt. Ambrus blickte dem Machthaber in die Augen.
    „Mein früherer Stamm Parradil sendet mich zu dir“, sagte er. „Ich bin beauftragt zu erfragen, welche Vorbereitungen für die diesjährige Königsjagd nach Brauch und Recht getroffen werden.“
    „Verschwinde und belästige mich nicht mit solchem Unsinn“, schnappte Belfeor, und damit drehte er sich in seinem Stuhl und sah Ambrus nicht mehr an.
    Pargetty, nervös wie immer, räusperte sich. Er sagte:
    „Hm, Belfeor, ist das vernünftig? Mit einiger Rücksicht auf den hiesigen Brauch mußt du wohl …“
    „Es gibt dieses Jahr keine Königsjagd“, unterbrach Belfeor. Ambrus trat einen Schritt vor, er glaubte, nicht richtig zu hören. Er sagte:
    „Was?“
    „Du hast es gehört“, fuhr Belfeor ihn an. „Was wollt ihr denn überhaupt jagen? Diese verdammten Biester störten unsere Arbeit in den Bergen, und ich habe sie umbringen oder vertreiben lassen. Geh und vergiß diesen abergläubischen Unsinn.“
    „Belfeor!“ schrie die Frau auf. Belfeor fuhr herum und sah, wie Ambrus ihm an die Kehle gehen wollte. Er sprang auf und griff nach der Strahlpistole am Gürtel.
    „Raus!“ brüllte er. „Oder ich brate dich wie eins dieser Parradile!“ Ambrus machte langsam kehrt und ging hinaus.

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