Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
hineingetappt. Beziehungsweise ich war es und ich hatte Addie mit mir in den Untergang gerissen.
Ich war so blöd gewesen. So vertrauensselig. So verzweifelt bereit zu glauben, dass ich mich wieder bewegen könnte.
»Kannst du das Kissen holen, Lissa? Das da … leg es hier hin …«
Ich spürte etwas zugleich Weiches und Festes unter uns. Die Hände ließen uns los. Sie brachten uns also nicht aus dem Haus. Vielleicht hatten sie doch nicht vor, uns zu entführen. Ich fühlte nichts, das im Entferntesten an Erleichterung erinnerte – nur die Übelkeit ließ etwas nach.
‹Addie›, sagte ich. ‹Addie, was haben sie mit uns gemacht?›
»Eva?« Das war Devon. »Eva, hör zu.« Ich hörte zu. Ich hörte zu, aber das konnten sie nicht wissen, weil Addie nicht da war, um es ihnen zu sagen.
»Eva, falls du gerade ausflippst, musst du damit aufhören. Du musst uns zuhören. Addie geht es gut. Sie ist nur … eingeschlafen, wegen der Medizin. Wir dachten, sie würde sie nicht nehmen, wenn sie wüsste …«
Sie hatten uns unter Drogen gesetzt. Sie hatten uns tatsächlich unter Drogen gesetzt. Die Wut, die mich wie ein Blitz durchfuhr, versengte einen kleinen Teil der Angst zu einem Aschehäufchen.
»Eva, kannst du dich bewegen?«
Natürlich konnte ich das nicht!
»Die Medizin wird dir helfen, Eva«, sagte Lissa. »Versuch, mit den Fingern zu wackeln.«
Ich versuchte es. Ich versuchte es, so wie ich es schon seit Jahren versucht hatte – und sei es nur, damit ich verdammt noch mal hier wegkam. Doch nichts passierte. Ich war gefangen in einem toten Gefängnis aus Haut und Knochen, an Glieder gekettet, die ich nicht kontrollieren konnte. Was für ein Plan war das denn? Versuchten sie, uns zu helfen? Hiermit?
‹Addie?›, sagte ich. ‹Bitte wach auf, Addie.›
Eine Hand umschloss meine und ich konnte mich nicht losreißen.
»Eva«, sagte jemand. »Eva, hier ist Ryan.«
Ryan. Devons Stimme, aber Ryans, genau wie Addies Stimme auch meine war. Meine gewesen war.
»Wir haben uns noch nicht richtig kennengelernt, aber das werden wir. Im Moment möchten wir nur, dass du versuchst, deine Finger zu bewegen. Beweg die Finger der Hand, die ich gerade halte.«
Der sanfte Druck, den er auf unsere rechte Handfläche ausübte, half mir, mich zu orientieren. Ich zog gedanklich eine Spur bis in unsere Fingerspitzen. Dann versuchte ich erneut, unsere Finger zu krümmen. Ich versuchte es. Ich versuchte es wirklich.
»Es ist Jahre her, ich weiß«, sagte Ryan. »Sehr lange, aber nicht zu lange. Du kannst es immer noch, Eva.«
‹Ich kann nicht›, sagte ich. ‹Ich kann nicht. Ich kann nicht. Nicht so.›
Nicht so. Allein in der Dunkelheit.
»Eva? Versuchst du es noch?«
‹Ja›, sagte ich, den Tränen nahe. ‹Ja. Ja.›
»Ich weiß, es ist schwer«, sagte er.
‹Tust du das?› Meine Stimme wurde gellend von dem Abgrund zurückgeworfen, der mir Addie genommen hatte. ‹Warst du schon mal in einem solchen Zustand? Auf Drogen und allein?›
Er hörte mich nicht, deshalb konnte er auch nicht antworten. Stattdessen durchbrach eine neue Stimme die Dunkelheit. Lissa? Hally?
»Eva, vertrau uns.«
Ihnen vertrauen!
»Die Wirkung des Medikaments wird bald nachlassen«, sagte sie. »Also bitte, bitte, versuch es.«
Ich versuchte es. Ich lag dort in der Dunkelheit, hörte zu, wie sie mit mir redeten, und versuchte es, wie mir schien, viele Stunden lang. Irgendwann hörte ich schließlich damit auf, vollkommen erschöpft und kurz davor, loszuschreien.
»So ist es richtig«, sagte Lissa. »So ist es gut. Mach weiter.«
»Du hast es fast«, sagte Ryan. Das hatte er jetzt schon mindestens zehn Mal gesagt.
‹Habe ich nicht›, tobte ich. ‹Ich habe es nicht mal annähernd. ›
Ich schaffte es nicht. Es ging einfach nicht. Ich war nicht stark genug, nicht gut genug, nicht taff genug. Es war zu viel Zeit vergangen. Und Addie – Addie war fort. Ich schaffte es nicht ohne sie. Ich hatte noch nie etwas ohne Addie getan.
Ich hatte so lange davon geträumt, mich wieder bewegen zu können, und jede dieser Fantasien hatte gleichermaßen nach Sehnsucht und Schrecken geschmeckt. Aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich dabei allein sein würde. Dass es sich so abspielen würde.
»Komm schon, Eva.«
Nein. Nein …
»Du kannst es.«
Halt die Klappe. Halt die Klappe, halt die Klappe, halt die Klappe. Ich kann es nicht. Ich ka…
»Eva …«
»Ich kann nicht!«
Schweigen.
»Eva?«, hauchte Lissa. »Eva, warst du
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