und der sizilianische Dieb
Streichholzbüchlein aus der Hosentasche und zündete eins an, das flüchtig ein Gesicht mit drahtigem schwarzem Bart beleuchtete.
»Nicht Aristoteles«, murmelte er enttäuscht. »Er schläft wie ein Wickelkind - gut gemacht, Herzogin!«
»Aber wo kam er plötzlich her?« fragte sie gereizt. »Er pirschte mir nach ... Und wieso habe ich das Gefühl, daß ich ihn schon einmal gesehen habe? Bitte, zünden Sie noch ein Streichholz an, Farrell.« Er tat es, und sie sagte: »Ja, ich habe ihn ganz bestimmt schon einmal gesehen!«
»Wo?«
»Ich überlege gerade.« Sie konzentrierte sich. »In Erice, auf dem Marktplatz, als ich nach Ihnen Ausschau hielt und dabei jeden eingehend musterte. Ist er Ihnen nicht aufgefallen? Er hatte einen Spazierstock und setzte sich ganz in der Nähe an einen Tisch und begann eine Zeitung zu lesen.«
»Ich erinnere mich an einen Mann, der Zeitung las, aber sein Gesicht war dahinter verborgen.« »Das ist sehr mysteriös.
Schauen Sie doch mal nach, ob er irgend etwas bei sich hat, das ihn ausweist.« Farrells Zähne schimmerten weiß in der Dunkelheit, als er grinste. »Herzogin, Sie sind das gewissenloseste, gesetzloseste Mitglied eines Gartenclubs, das mir je untergekommen ist!«
Er durchsuchte die Taschen des Bewußtlosen.
»Ah! Ich glaube, das ist ein Reisepaß!« Er stand auf und fummelte nach einem weiteren Streichholz. »Halten Sie mal«, bat er. »Diese Pappdinger brennen ja nur eine Sekunde lang.«
»Er ist Amerikaner«, sagte Mrs. Pollifax, nachdem das erste Streichholz kurz aufgeflammt war. Und als Farrell das zweite zündete: »Er heißt Henry Guise.«
»Sagt mir auch nicht mehr«, brummelte Farrell. »Nicht, wenn er in dieser Sache mit drinsteckt und Ihnen ›nachgepirscht‹ ist, wie Sie es nannten. Ganz gewiß ist er kein Nachtwächter, nicht mit einem amerikanischen Reisepaß in der Tasche. Geben Sie ihn mir, damit ich ihn zurückstecke und wir endlich verschwinden können!«
»Wir wollen ihn - einfach liegenlassen?«
»Er ist nur bewußtlos und kommt sicher bald wieder zu sich.
Vielleicht erkältet er sich ein bißchen, aber...« Er unterbrach sich, als der Mann sich rührte.
»Rasch weg von hier, Herzogin!«
Er zog sie mit sich fort. »Übrigens, haben Sie im Haus irgend jemand Verdächtigen gesehen?«
»Verdächtigen, nein. Nur einen Mann, der Silber polierte, und eine Frau - die Köchin, nehme ich an -, die in der Küche eingenickt war. Und Sie?«
»Nichts und niemanden. Aber ein paar wertvolle Gemälde habe ich gesehen, von denen einige einen Mord wert wären.«
Mrs. Pollifax, die gerade einen Mann bewußtlos geschlagen hatte - nicht ohne Gewissensbisse -, rügte ihn scharf: »Sagen Sie so was nicht!«
»Nur eine Redewendung - ah, da kommt der Wagen mit Rossiter.«
»Kate«, sagte sie mit Nachdruck.
»Hören Sie, ich bin schon von ›Wie-heißt-sie-gleich?‹ zu Rossiter vorgedrungen, lassen Sie's gut sein!«
»Ich habe Sie noch nie so feindselig gegenüber einer so attraktiven Frau erlebt.«
Bevor Kate den Wagen für sie anhielt, sah Mrs. Pollifax im Scheinwerferlicht seinen spöttischen Blick. »Ah, Herzogin«, sagte er, »es gibt Kräfte in Männern, die eine Frau nicht verstehen kann. Ja, ich bin feindselig.« Er öffnete die Wagentür für sie, dann stieg er selbst ein, und Kate fuhr zurück, den Lichtern der Stadt zu.
»Das war das«, sagte Farrell. »Morgen nacht kommt Raphaels Villa dran und noch ein Versuch, Cäsars Dokument zu finden, möge er in Frieden ruhen, und diesmal werden wir uns alle bis auf die Zähne bewaffnen.« Mrs. Pollifax bedachte ihn mit einem mitfühlenden Blick, schwieg jedoch, und sie fuhren stumm zur Villa Franca zurück.
Peppino öffnete das Tor für sie. »Alle schlafen schon«, sagte er zu Kate und drückte einen Finger auf die Lippen. »Bitte leise, ja? Seid ihr okay?«
»Wir sind okay, Peppi«, versicherte sie ihm und fuhr den Wagen zur Rückseite des Hauses, während Peppi das Tor hinter ihnen schloß und verriegelte. Auf Zehenspitzen schlichen sie in die Küche, wo der Schein einer Kerze auf drei Taschenlampen und ein Tablett mit drei Keksen fiel. Mitternacht war bereits vorbei, so begaben sie sich alle zu ihren Zimmern. Mrs.
Pollifax war noch zu aufgewühlt, um gleich einschlafen zu können, darum griff sie, nachdem sie in ihren Schlafanzug geschlüpft war, nach dem Geschichtsbuch, dessen Lektüre sie bestimmt spätestens in einer Viertelstunde in Morpheus' Arme schicken würde. Auf ein Kopfkissen gestützt,
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