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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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Konkurrenten auf den Plan rufen“, warf Koch ein.
    „Wie auch immer. Papa und die Partei, sie hören die Alliteration, Koch, ja? Also, Papa und Partei fordern, dass er sich öffentlich von den Genossen lossagt …“
    „Und sie belastet?“
    „Kann sein. Vielleicht, um den Sohnemann so richtig zu brechen, vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich reicht schon die öffentliche Distanzierung und dass der verhasste Vater ihn gerettet hat. Ihn, und nicht die anderen, über deren Schicksal ich nichts weiß. Arnheim ist nie in der Partei gewesen, ist auch nach dem Vorfall nicht eingetreten. Er hat sich zur Marine gemeldet. U-Boot-Waffe. Wo es am gefährlichsten ist. Selbstmord, wie manche sagen, zumindest ab ’43. Arnheim hat sich zu jeder möglichen Feindfahrt gemeldet. Ist aber immer zurückgekommen. Und hier in Mainz, wo ihn niemand kennt, wo niemandem der Name etwas sagt, meldet er sich zur Polizei. Er steht in keiner Akte. Alles bestens.“
    „Und wo komme ich da ins Spiel? Als Projektion, wie Sie sagen?“
    „Liegt doch auf der Hand, Koch. Sie verkörpern für ihn das, was er nicht geschafft hat. Der aufrechte Antifaschist, der sich nicht hat beugen lassen …“
    „Das klingt verdammt pathetisch, Reuber“, unterbrach ihn Koch.
    „Ist es auch. Aber Sie verstehen, was ich meine? Sie sind sein schlechtes Gewissen. Sie erinnern ihn ständig daran, dass er sich dem Willen seines Vaters gebeugt hat, an die andere Möglichkeit.“
    „Und deshalb benimmt er sich so? Wenn er doch nur ein wenig nachdenkt …“
    „Koch! Richtig, ja, für einen normalen Menschen, normal meine ich, jemanden ohne die Verletzungen, die Arnheim erlitten hat. Aber eben nicht für ihn. Er macht das nicht bewusst. Es sind unterbewusste Handlungen …“
    „Eine Frage. Woher wissen Sie das alles, Reuber?“ Koch hatte sich vorgebeugt.
    Reuber trank den Rest seines Bourbons in einem Zug leer.
    „Woher? Zum einen weiß ich gerne, mit wem ich es zu tun habe, das hatten wir ja schon, zum anderen habe ich eine Zeit lang in Wien gelebt. Da ist die Psychoanalyse ebenso zu Hause wie Arnheims Vater, der bei einem Gauleiter in der Ostmark, oder wie die später hieß, in den Alpen- und Donau-Reichsgaue, gearbeitet hat.“
    „Aber es kann doch nicht sein, dass jetzt so ein …“ Koch hielt inne und suchte nach dem richtigen Begriff, „… dass so ein seelischer Krüppel, wenn ich Sie richtig verstanden habe, mir meine Ermittlungen kaputtmacht.“
    Statt einer Antwort kramte Reuber die Bourbonflasche aus der Schublade.
    „Noch einen?“
    Koch überlegte einen Moment und schob dann sein Glas über den Tisch. „Nur einen kleinen.“
    „Noch was vor? Ich hoffe, dass Sie jetzt in eine andere Richtung ermitteln.“ Reuber hatte Arnheims Stimme nachgeahmt und tat so, als spiele er an seinem Schnurrbart.
    „Ich werde mir die anderen Mitarbeiter von Brunner vorknöpfen“, sagte Koch und trank sein Glas in einem Zug leer.
    „Na, Sie scheinen ja unbelehrbar zu sein. Sehen Sie zu, dass Arnheim nichts davon mitbekommt.“
    In der Tür, bevor er das Büro verließ, drehte sich Koch noch einmal um. „Sie haben noch nichts von sich erzählt, Reuber.“
    „Ehrlich? Ich glaube schon. Aber das kommt schon noch. Kleine Geheimnisse steigern doch das Interesse der Gegenseite.“
    „Sie sind doch keine Frau, Reuber?“
    Ein vielsagendes Lächeln war die Antwort.
    In der Kantine trank Koch einen Ersatzkaffee und würgte ein altes, trockenes Brötchen, das mit etwas Undefinierbarem belegt war, hinunter. Den Whiskey am Morgen war er nicht gewohnt. Er hatte seinen Kaffeebecher gerade zum zweiten Mal gefüllt, als Siggi in dem kühlen Raum erschien.
    „Da sind Sie ja. Ich habe Sie gesucht. Ich habe gehört, dass Sie beim Chef waren. Was hat er gesagt?“
    „Dass wir auf einem guten Weg sind. Und den werden wir jetzt weitergehen, Siggi. Wir werden uns mal Brunners Arbeiter vorknöpfen. Haben Sie schon einen Wagen organisiert?“
    Koch war mit einem Mal gut gelaunt und er konnte nicht sagen, woran das lag.
    Um die Mittagszeit fuhren sie los. Dieses Mal hatte Siggi den 315er BMW nicht bekommen. Ein Opel P4, der notdürftig repariert worden war und der mit einer Kurbel gestartet wurde, weil der Anlasser kaputt war, musste ihnen reichen. Siggi war richtig sauer. Zudem hatte der Wagen einen Holzvergaser, ein großer Aufbau verunstaltete das Heck, wie Siggi es ausdrückte.
    „Der Klaßen von der Sitte hat den BMW. Was will der denn damit? Kann ja gar nicht fahren. Das

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