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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Schwester Cordula ein Verhältnis hatte. Es könnte um etwas ganz anderes gehen: genetische Versuche zur Lebensverlängerung. Etwas, das gegen den Plan Gottes ist. Kein Mensch soll mitentscheiden dürfen, wann es mit ihm zu Ende geht. Es steht uns nicht zu, die Telomere wachsen zu lassen, und auf den Krebs als Rache Gottes wollte sich die Nonne dabei doch nicht verlassen. Und es steht uns nicht zu, am Bauplan der DNA herumzubasteln.“
    Oskar schüttelt den Kopf. „Könntest du mir bitte sagen, wovon du sprichst?“
    „Von Alternsforschung und Genetik.“
    Den Lachs haben wir nicht aufgegessen. Die Flasche Riesling aber leer getrunken. Als es gegen Mitternacht war, hatte ich den Eindruck, Oskar halbwegs überzeugt zu haben. Und ich habe ihm klargemacht, dass er morgen ja mitfahren könne ins Steirische Vulkanland. Es sei sehr nett dort. Guter Wein, gutes Essen, beruhigende Hügellandschaft. Man müsse sich ja nicht gleich schönheitsoperieren lassen. Er hat etwas gemurmelt wie, ich wüsste ja genau, dass morgen drei Anwälte von der Partnerkanzlei aus Frankfurt kämen. — Übers Wochenende? - Ja, übers Wochenende. Er habe ein Arbeitswochenende vor sich. — Ich auch. Er schläft weit auf seiner Seite des Bettes und ich auf meiner.

[ 11. ]
    Es ist noch fast dunkel draußen, als ich den SMS-Signalton höre. Ich habe nicht tief geschlafen, von irgendwelchen gentechnisch veränderten Lachsen geträumt und von Horden von Nonnen, die betend einen Fluss hinaufziehen. Schon wieder Nonnen. Herr Psychiater, was bedeutet es, wenn man dauernd von Nonnen träumt? Oder ist es in meinem Fall ganz verständlich? Nein, ich habe heute Nacht keinen Sex gehabt. Ach so. Nein, eigentlich glaube ich nicht, dass ich ins Kloster will. Ich beschließe aufzuwachen und klappe die Augen auf. Seitenblick auf Oskar. Er scheint gut zu schlafen. Die SMS ist von Karl Simatschek. „Nur Vormittag in Fabrik, dann Zeit. Treffpunkt 13 Uhr auf Burg bei Kartenverkauf.“ Eindeutig Vesna, die sich wieder sein Mobiltelefon geschnappt hat. Ich sehe auf die Uhr. Kurz nach fünf. Ich rapple mich auf, tapse Richtung Toilette. Und was, wenn ich mich gar nicht mehr hinlege? Vesna ist offenbar schon Richtung Fabrik unterwegs. Ich könnte in der Früh zum Kloster. Ich will Schwester Gabriela noch so einiges fragen — vorausgesetzt, sie sitzt nicht schon in Untersuchungshaft. Vor allem, warum sie nicht gesagt hat, dass sie Medizinerin ist. Auch, was sie von genetischen Möglichkeiten zur Lebensverlängerung hält. Abgesehen davon ist es vielleicht besser, einer weiteren Diskussion mit Oskar aus dem Weg zu gehen. Natürlich meint er es nur gut ... Da ist es wieder, dieses „Gutmeinen“! Er liebt mich, er macht sich Sorgen. - Das tu ich selber auch. Und die Sorgen werden sich erst auflösen, wenn ich einige Punkte geklärt habe. Zum Beispiel: Wohin ist das Labor verschwunden? Wie kann es uns gelingen, zu den Forschungsunterlagen zu kommen? Wo sind die Forscher, die Grünwald angeblich unter Druck gesetzt hat? Ich werde Natalie Veith daran erinnern, dass sie Kontakt zu ihnen aufnehmen wollte. Sicher viel einfacher, sie redet mit ihren Kollegen, als ich versuche es.
    Ich dusche rasch, trinke zwei Gläser kaltes Leitungswasser, suche so lautlos wie möglich Unterwäsche, Jeans, T-Shirts zusammen. Oskar scheint noch immer fest zu schlafen. Oder tut er bloß so? In einem Anfall von Zärtlichkeit will ich schon auf seine Bettseite, ihn wenigstens auf die Wange küssen, aber dann denke ich an die Auseinandersetzung von gestern Abend. Keine neue Diskussion. Ist für uns beide besser so.
    Gismo schleicht verschlafen in die Küche, streckt sich. Ist mit einem Mal munter. So etwas würde ich auch gerne können. Ich gestehe ihr eine doppelte Portion Belohnungsfutter aus den teuren Säckchen zu, streichle sie. Noch einige Zeilen für Oskar. „Guten Morgen und bis bald, vertrau mir!“ Sieht irgendwie seltsam aus. Der Typ für ein aufgemaltes Herz ist er aber auch nicht. „Mira küsst dich“, kritzle ich dann noch dazu. Die Kräuter auf dem Balkon gießen. Eigenartig, irgendwie ist alles wie Abschiednehmen. Ich atme durch. Unsinn. Ich fahre noch einmal kurz ins Vulkanland, bereite die Story für nächste Woche vor und dann bin ich wieder zurück.
    Ein paar Tage im Veneto wären schön. Keine Ahnung, ob Oskar weg kann, vielleicht nächstes Wochenende. Ausspannen, herrlich abendessen, schwimmen in Giannis großzügigem Pool. Mist. Es ist August. Da fährt Gianni selbst ans

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