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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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Saint-Lucq fort. »Es geht Euch auch nichts an, wer mich schickt und warum. Ich tue all das nur, weil man mich dafür bezahlt hat. Und wenn man mir befohlen hätte, Euch zu töten, dann wärt Ihr jetzt tot. Ich bin kein Held aus einem Roman. Ich bin überhaupt kein Held. Ich bin nichts als ein Degen. Im Gegensatz zu Euch verdiene ich keinerlei Achtung.«
    Diese heftige Ansprache zeigte bei Bailleux Wirkung.
    War er vorher noch wie betäubt, so nahm er nun Haltung an, nickte und setzte die Baskenmütze auf, die ihm Saint-Lucq mitgebracht hatte.
    »Beeilen wir uns«, sagte Saint-Lucq. »Jede Minute zählt.« Der Notar verließ als Erster das Zimmer. Während er im Hof der Herberge umständlich auf eines der Pferde stieg, beglich das Mischblut beim Wirt die Rechnung und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Mann hörte sich die Anweisungen aufmerksam an, nickte und nahm das zusätzliche Goldstück, das Saint-Lucq ihm zusteckte.
    Keine Stunde, nachdem Saint-Lucq und Bailleux aufgebrochen waren, erreichten ihre Verfolger die Herberge. Der Wirt erwartete sie bereits auf den Stufen seines Gasthofs.

10
    Im großen Saal des Palais Épervier nahmen die Klingen des Kardinals ihr Mittagessen ein.
    Am Kopfende des Eichentisches saß La Fargue und unterhielt sich ernst mit Leprat und Agnès. Auch Marciac verfolgte das Gespräch und mischte sich hin und wieder ein. Ansonsten beschränkte er sich darauf, mit seinem Stuhl herumzuwippen und Karten zu mischen. Almadès dagegen lauschte schweigend der Unterhaltung. Ballardieu hatte sich ein Verdauungspfeifchen angesteckt und rauchte genüsslich, schlürfte dazu ein Glas Wein und schielte interessiert zu Naïs hinüber, die gerade dabei war, den Tisch abzuräumen.
    »Ein hübsches Mädchen, nicht wahr?«, hatte ihm Marciac zugeraunt, als er die neugierigen Blicke des alten Soldaten auf die liebreizende junge Köchin bemerkte.
    »Ja, sehr hübsch.«
    »Aber nicht sonderlich gesprächig. Fast stumm.«
    »Das muss ja nicht von Nachteil sein.«
    »Wirklich? Eigenartige Vorstellung …«
    Alle hatten sich vor diesem Essen ein wenig gefürchtet, denn nach der ersten überschwänglichen Wiedersehensfreude mussten sie nun das wahre Maß ihrer Freundschaft unter Beweis stellen. Was war wirklich von dem geblieben, was sie einmal gewesen waren? Schließlich konnte man nie wissen, was aus Freunden, die man lange Zeit aus den Augen verloren hatte, geworden war. Außerdem riefen ihnen die Umstände, die damals bei der Belagerung von La Rochelle zur Auflösung der Klingen geführt hatten, schmerzliche Erlebnisse ins Gedächtnis. Trotz dieser Erinnerungen sollten die alten Bande ihrer Freundschaft neu geknüpft werden.

    Die Tischordnung, die sich von selbst ergeben hatte, spiegelte sowohl Wesensverwandtschaften als auch auflebende Gewohnheiten wider. So saß der Hauptmann am Kopfende des Tisches in alter Vertrautheit mit Leprat und Agnès, die er immer schon gerne zurate gezogen hatte.
    Der Musketier hatte in der informellen Organisation der Klingen von jeher eine besondere Stellung gehabt. Marciac hielt sich etwas im Hintergrund. Zwar waren sich alle über seinen Wert einig und vertrauten auf seine Fähigkeiten, aber er selbst gefiel sich eher am Rande der eingeschworenen Gemeinschaft und legte keinen Wert darauf, Befehle zu erteilen. Der ernste und in sich gekehrte Almadès dagegen ließ sich gern ein wenig bitten, doch eigentlich wartete er nur darauf, nach seiner Meinung gefragt zu werden. Und Ballardieu, der ein Mann der Tat war, hielt sich bei den Vorreden gern raus.
    Nur drei Klingen waren dem Ruf zu den Waffen nicht gefolgt. Einer von ihnen war nach La Rochelle verschwunden, als hätte ihn die Dunkelheit wieder verschlungen, aus der er eines Tages aufgetaucht war. Ein anderer hatte Verrat begangen, und noch hatte es niemand gewagt, seinen Namen zu erwähnen. Der Dritte schließlich war tot, und sein Verlust hatte eine Wunde geschlagen, die in der Erinnerung der Klingen noch immer blutete.
    Während Naïs mit den letzten Tellerstapeln den Saal verließ, sah Agnès La Fargue fragend an, der verstand und nickte.
    Da erhob sich die junge Frau und begann ergriffen zu sprechen: »Meine Herren, ich glaube, es ist an der Zeit, unser Glas zu erheben und in Ehren demjenigen zu gedenken, den nur der Tod aus dieser Runde reißen konnte.«
    Alle richteten sich auf und erhoben das Glas.

    »Auf Bretteville!«, sagte La Fargue feierlich.
    »Auf BRETTEVILLE!«, riefen die anderen im Chor.
    »Auf Bretteville«,

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