Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
herauszufinden.«
Sie sah ihn wütend an, machte jedoch keinerlei Anstalten, sich ihm zu entwinden. »Du bist noch arroganter, als ich dachte.«
»Ja, bin ich.« Wieder küsste er sie. »Ich komme morgen zu dir.«
Sie schnaubte kurz. »Ich freue mich darauf.«
Ein weiteres Mal küsste er sie, sanfter, langsamer, und fühlte, wie sich ihr Körper entspannte. Dann ließ er sie los. »Morgen also.« Er scheuchte den immer noch kläffenden Hund weg, ging zur Tür, öffnete sie und blickte sich zu Judith um. »Aber du irrst dich, Judith. Ich kenne vielleicht nicht alle Einzelheiten deines Lebens, und doch kenne ich dich seit dem Moment, da ich erstmals in deine Augen sah.«
Sie starrte ihn mit einer Mischung aus Wut, Gereiztheit und etwas an, von dem er dachte, hoffte, es wäre ein leiser Anflug von Verlangen.
Mit einem Kopfnicken trat er zur Tür hinaus. Im selben Moment hörte er ein Knurren und erkannte, dass er einen schwerwiegenden Fehler beging, indem er dem Fellknäuel von einem Hund den Rücken zukehrte. Gideon fühlte ein heftiges Ziehen hinten an seiner Hose, gleich oben an seinem rechten Oberschenkel, gefolgt von einem lauten Reißgeräusch. Er blickte hinter sich, wo Arthur triumphierend auf dem Teppich hockte, ein Stück von Gideons Hose im Maul. Und er wollte schwören, dass das unerzogene Tier grinste. Eine Augenbraue hochziehend, sah er zu Judith. »Selbst das da wird mich nicht abhalten. Guten Morgen.« Mit diesen Worten schloss er die Tür hinter sich.
Gideon war bereits in seiner Kutsche und auf halbem Wege nach Hause, als ihm bewusst wurde, dass er jedes Wort ernst gemeint hatte, das er ihr sagte. Und ihm wurde außerdem bewusst, dass das Loch in seiner Hose weit größer war, als er anfangs annahm.
»Böser Hund«, murmelte Judith, die immer noch auf die geschlossene Tür starrte.
Arthur kam zu ihr getrottet, legte ihr den karierten Stofffetzen aus Gideons Hose vor die Füße und blickte anbetungsvoll zu ihr auf. Sie bückte sich und kraulte ihn hinter den Ohren. »Das hättest du nicht tun dürfen, Arthur. Das war ziemlich unartig von dir.«
Arthur schlug fröhlich und kein bisschen reumütig mit dem Schwanz auf den Teppich.
»Ja, natürlich, ich wollte, dass du just das tust«, sagte sie mit einem schuldbewussten Lächeln. »Na schön, vielleicht nicht genau das, obwohl ich sagen würde, ihm in den Allerwertesten zu beißen, wäre...« Aus dem Nichts überkam sie ein ungebetenes Verlangen. »Ach, einerlei.« Sie nickte Richtung Hundekörbchen. »Zurück ins Bett mit dir.« Arthur begab sich folgsam in ihr Bett und machte es sich am Fußende gemütlich. Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Ist eigentlich derzeit jedes männliche Wesen in meinem Leben entschlossen, meine Wünsche zu ignorieren?«
Arthur legte den Kopf schief und wedelte mit dem Schwanz.
»Es ist recht ermüdend, weißt du?« Judith verschränkte die Arme vor der Brust und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. »Ich will nicht über Lucian sprechen. Weder mit Gideon noch mit sonst jemandem.« Nicht einmal Susanna wusste Näheres über ihre kurze, stürmische Ehe.
Zwar hatte ihre Freundin gelegentlich gefragt, aber nie auf Antworten gedrängt. Wie bewundernswert von ihr, fürwahr, zumal Judith buchstäblich alles wusste, was es über Susannas Ehe mit Charles zu wissen gab. Für Susanna war Charles die Liebe ihres Lebens gewesen, und sie schwelgte bis heute in Erinnerungen an die glückliche Zeit. Judith fand, ihre eigenen Erinnerungen hielten dem Zahn der Zeit nicht sonderlich gut stand.
Keine Frage, sie hatte Lucian mit der Inbrunst einer Siebzehnjährigen geliebt, die glaubte, ihrem Seelenverwandten begegnet zu sein. Und sie hegte auch nicht den geringsten Zweifel, dass er sie mit derselben Leidenschaft liebte, auf seine Weise eben. Sie hatte so viele Jahre damit verbracht, nicht über ihre gemeinsame Zeit nachzudenken, dass es ihr nun schwerfiel, sich überhaupt mit ihr zu befassen. Andererseits waren zehn Jahre vergangen, und vielleicht sollte sie es endlich einmal tun.
Anfangs war es unbeschreiblich gewesen. Daran zweifelte sie bis heute nicht. Lucian war so voller Leben und Leidenschaft und weit aufregender, als sie es sich jemals erträumt hätte. Sie hatten wilde, extravagante Partys für seine ebenso wilden, extravaganten Freunde gegeben, die ausnahmslos künstlerische Ambitionen nährten – Poeten, Schriftsteller und Maler. Die meisten von ihnen besaßen zu ihrem Glück mehr Geld als Talent. Judiths Welt war sehr
Weitere Kostenlose Bücher