Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
der Italiener unten auf der Straße, den klapprigen Bussen und den lachenden Jugendlichen, die auf ihren Mopeds durch die Stadt knatterten; und sie hatten die schwarze Katze beobachtet, die draußen auf dem Balkon gesessen und sie angestarrt hatte. In diesem Moment hatte Maria geflüstert …
Adam Bergmann fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen und versuchte zu fokussieren. Jetzt war nicht die Zeit, wie eine alte Frau in Erinnerungen zu schwelgen. Später vielleicht, wenn alles erledigt war. Dann konnte er weinen. Ins Gefängnis gehen. Sterben. Aber dann wäre Silke frei.
7.
Sølvgade, 22.14 Uhr
Aus dem Augenwinkel sah Niels eine Politesse, die argwöhnisch das Auto begutachtete, das er mitten auf dem Platz abgestellt hatte. Vergiss es, dachte er und drückte auf alle Klingelknöpfe. Die Schlaf praxis lag im zweiten Stock. Außerdem waren noch ein HNO - Arzt im Haus, ein Hautarzt, eine Psychologenpraxis und eine Firma, deren Name ihm nichts sagte. Aber niemand reagierte auf sein Klingeln.
Casper rief an.
»Casper?«
»Ja.«
Niels trat gegen die Tür. Sie gab nicht nach. Er blickte sich um. Konnte er mit dem Fahrrad die Scheibe kaputt machen? Nein, das war zu groß, das passte nicht. Er sah sich das Glas genauer an. Die oberste Scheibe der Tür war neu und zu dick, um sie mit dem Ellenbogen einzuschlagen. Aber die unterste war alt. Farbiges Glas. Niels hörte Caspers Stimme weit entfernt.
»Bist du noch da?«
Niels schlug mit dem Ellenbogen zu. Die Politesse hatte sich umgedreht.
»Was ist denn bei dir los?«
»Warte einen Moment.«
Niels zog seinen Arm vorsichtig heraus, aber trotzdem schlitzte ihm die große, noch im Rahmen sitzende Scherbe die Haut auf. Sofort sickerte Blut heraus.
»Bist du noch da?«
»Ich bin hier«, antwortete Niels und drückte die restlichen Scherben weg, bevor er den Arm durch die Tür schob und sie von innen öffnete.
»Okay, ich habe etwas gefunden. Adam Bergmann. Schlafforscher. Medizinstudium an der Uni in Århus, abgeschlossen 1986. Unzählige Artikel in internationalen Zeitschriften. Und allem An schein nach ein guter Läufer. War im letzten Kopenhagen-Marathon unter den besten zwanzig.«
»Was sonst noch?«, fragte Niels und ging über die Treppe in den zweiten Stock.
»Jetzt kommt’s. Setz dich lieber hin.«
»Was?«
»Seine Frau wurde vor acht Jahren ermordet.«
»Ermordet?«
»Das war einer der beiden unaufgeklärten Morde jenes Jahres. Der andere war die Zahnärztin, die sie in einem See bei Skanderborg gefunden haben. Erinnerst du dich?«
Niels hörte nicht zu. Ihm dämmerte etwas. Auch der Name. Bergmann. Jetzt erinnerte er sich. Schwach. Niels hatte nicht selbst an dem Fall gearbeitet, die Ermittlungen wurden von der Abteilung Nordseeland geleitet, aber er hatte die Sache aus der Ferne verfolgt. Der Frau war von ihrem Liebhaber die Kehle durchtrennt worden. Der Vater und ein kleines Mädchen waren allein zurückgeblieben. Der Vater – war das Adam Bergmann gewesen? – hatte lange versucht, sich selbst davon zu überzeugen, dass seine Frau vor dem Mord vergewaltigt worden war. Er konnte der Realität, dass sie ihren Mörder eigenhändig und aus freien Stücken hereingelassen hatte und ihn kannte, einfach nicht ins Auge sehen. Es gab keine Anzeichen für eine Vergewaltigung. Es war zu einem heftigen Streit gekommen, den die kleine Tochter mitbekommen hatte und in dessen Verlauf der Täter die Frau umgebracht hatte, bevor er geflüchtet war. Es gab sogar Zeugen, die ihn beim Verlassen des Hauses gesehen hatten, aber trotz Beschreibung war er nie gefunden worden. Er war weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Casper musste in etwa das Gleiche gesagt haben. Auf jeden Fall schloss er mit den Worten: »… wurde nie gefunden.«
»Ungeklärt?«
»Ungeklärt. Ich sehe, dass da rund 900 Zeugen befragt worden sind. Alle, die Maria gekannt haben …«
»Maria?«
»Die Ermordete. Sie haben alle verhört, mit denen sie mal Kontakt hatte.«
Niels stand vor der Tür der Schlafpraxis. »Warte einen Moment, Casper.« Niels trat oberhalb des Schlosses gegen die Tür. Sein Knie tat weh, aber nicht so weh wie die Gedanken an Hannah. Er trat noch einmal und noch ein drittes Mal. Ein Alarm begann zu heulen, während sich ein Stück des Türrahmens löste.
»Ich habe meine Pistole vergessen«, sagte Niels. Hatte er die Sommersted gegeben? Er erinnerte sich nicht.
»Wo bist du jetzt?«
»In seiner Praxis. Sølvgade. Schick die Kavallerie, sollte etwas
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