Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
Italiener?«
»Was ist das eigentlich für ein Ding?« Sie wies auf das kleine schwarze Kästchen, das auf dem Armaturenbrett lag und an dem ein knapp zehn Zentimeter langes Drähtchen baumelte.
»Eine Art Sender. Erkläre ich dir später.«
»Du bist heute wirklich merkwürdig, Alexander. Willst du nicht vielleicht doch mal zu einem guten Neurologen gehen? Nicht, dass ich dich für verrückt halten würde, aber …«
Nun war ich es, der plötzlich schlechte Laune hatte. »Ich finde, ich benehme mich ganz normal, und auf gar keinen Fall brauche ich einen Neurologen.«
»Du bist … so angespannt.«
»Dasselbe könnte ich von dir sagen.«
Bisher hatte ich keinen Wagen entdecken können, der mit konstantem Abstand hinter uns herfuhr. Aber es war natürlich möglich, dass sie mehrere Fahrzeuge benutzten und sich abwechselten. Außerdem konnten sie uns durch den Peilsender auf weiten Strecken bequem ohne Sichtverbindung folgen.
»Und wieso liegt eine Keksdose auf dem Rücksitz?« Theresa griff nach hinten und schüttelte die hübsch bedruckte Dose misstrauisch, die früher einmal schwedische Haferkekse enthalten hatte. »Die ist ja leer!«
»Wir werden sie später noch brauchen. Und jetzt entspann dich einfach und genieße die Aussicht.« Mein letzter Satz hatte alles andere als freundlich geklungen, wurde mir bewusst, als es zu spät war.
Die Sonne wagte nun doch einen neuen Anlauf, und die blauen Flecke am Himmel wurden von Minute zu Minute größer. Im Radio sang Nancy Sinatra »Summer Wine«.
»Ich habe meine Sonnenbrille vergessen«, stellte Theresa fest.
Ein Traktor mit einem Anhänger voller Mist behinderte eine Weile den Verkehr. Theresa rümpfte die hübsche Nase und fand, er stinke. Sobald es ohne Lebensgefahr möglich war, überholte ich. Bei Gundelsheim überquerten wir den Neckar, durchfuhren schweigend Heinsheim. Theresa ignorierte eisern die Wegweiser zum Schlosshotel.
Bald tauchten die spitzen Türme der stolzen Kaiserpfalz Bad Wimpfen über dem Horizont auf. Die Straße auf dieser Seite des Flusses war schmal und wand sich auf den letzten Metern vor unserem Ziel in engen Serpentinen den Berg hinauf. Dann endlich das Ortsschild, und zehn Minuten später stellte ich vor dem Haus, in dem Stephan Weilandt und sein Lebensgefährte wohnten, den Motor ab. Haus und Garten machten nicht den Eindruck, als legten die Bewohner Wert auf Äußerlichkeiten. Neben einem verdorrten Rosenbusch lag ein Gartenzwerg auf dem Bauch, aus dessen Rücken ein Messergriff ragte.
Theresa hatte ich am Eingang der Fußgängerzone abgesetzt mit dem Versprechen, mich in spätestens zwanzig Minuten zu melden.
Ich drückte den Klingelknopf, neben dem keine Namen standen. Sekunden später wurde die taubenblau lackierte Holztür geöffnet. Jörg Marquard war ein sportlicher, schlanker Mann in den Fünfzigern mit markantem Kinn und militärisch kurz geschnittenem Haar. Er betrachtete mich mit schmalen Augen und mahlendem Kiefer.
»Wir haben telefoniert«, sagte ich.
»Wegen Stephan, ich weiß.«
Er tat einen resignierten Atemzug und blickte mich an wie einen lästigen Staubsaugervertreter, der nicht einsehen will, dass er hier kein Geschäft machen wird. »Treten Sie doch ein.«
Offensichtlich ärgerte er sich, mich überhaupt eingeladen zu haben. Mein erster Eindruck war Enge. Das Haus war entschieden übermöbliert. Außerdem investierte hier jemand enorm viel Zeit und Liebe darauf, unkonventionelle Gemütlichkeit zu schaffen. In jeder Ecke standen und lagen teils kostbare, teils ganz wertlose Dinge herum. Strohblumensträuße neben kunstvoll gearbeiteten expressiven Plastiken. Ein irgendwo gefundener, merkwürdig geformter Ast neben Teddybärchen, die zu Füßen uralter und dick vergoldeter Kerzenständer hockten und ein Schwätzchen zu halten schienen. An den Wänden überall Bilder neben, unter und über anderen Bildern. Auch hier eine verwegene, aber keineswegs geschmacklose Mischung. Nichts passte wirklich zusammen, und genau das schien das Konzept zu sein. Ich fühlte mich in der ersten Sekunde wohl und geborgen.
»Kaffee?«, fragte Marquard in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er lediglich die Anstandsregeln eines kultivierten Gastgebers befolgte.
»Gerne. Danke.«
Solange ich seinen Kaffee trank, würde er mich nicht vor die Tür setzen. Während der Hausherr in der Küche hantierte, betrachtete ich einige der Gemälde an der Wand. Auf den meisten waren Landschaften dargestellt. Karge
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