Julia Extra Band 0294
Mund, um zu widersprechen, doch in diesem Moment wurde der Kaffee serviert. Sobald sich der Kellner wieder zurückzog, sagte Harry in geduldigem Ton: „Ich weiß, was für ein Typ Mann er ist, und er ist deiner nicht wert. Das kannst du mir glauben.“
„Ach, wirklich? Und das weißt du, ohne ihm je begegnet zu sein?“
„Wie gesagt, ich kenne den Typ. Damit will ich nicht sagen, dass ich es für falsch halte, dass er keine Familie gründen will“, räumte Harry ein. „Ich selbst bin genauso. Aber ich lasse mich gar nicht erst auf eine Frau ein, die ein ‚Auf immer und ewig‘ im Sinn hat. Ein Mann merkt so was – und zwar immer.“
„Wie?“
„Wieso wie?“
„Wie merkst du, ob eine Frau eine dauerhafte Beziehung sucht oder nur mal eben mit dir ins Bett will?“
„Ich hoffe doch, dass es nie so geschmacklos war“, entgegnete er entrüstet. „Ich bin ein Mann, kein Tier. Ich habe noch nie eine Frau genommen, nur weil sie mir gezeigt hat, dass sie willig ist.“
Diese selbstgerechte Seite an ihm war Gina neu. Sie fixierte ihn mit betont unschuldigem Blick. „Also musst du eine Frau zuerst kennenlernen? Herausfinden, ob sie dir geistig ebenso wie körperlich einen Anreiz bieten kann? Dich überzeugen, dass ihre Einstellung zur Liebe und zum Leben deiner entspricht?“
Harry sah sie nachdenklich an, wie um zu ergründen, ob sie ihn verspottete oder nicht. Dann sagte er mit funkelnden Augen: „Du lässt es sehr kaltblütig klingen.“
„Vielleicht weil es das ist?“
„Ich betrachte es lieber als ehrlich, und wenn dieser Mann, mit dem du liiert warst, genauso dächte wie ich, wärst du jetzt nicht in dieser Lage“, konterte er ziemlich grimmig.
„Zuneigung, Liebe, Verlangen – all das passt nicht immer in eine hübsch beschriftete kleine Schublade, oder? Es kann eine ganz spontane Sache sein, die dich total überraschend mitten ins Herz trifft – so übermächtig und real, dass alles und jeder andere in den Hintergrund tritt.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihr erhitztes Gesicht. „Es kann so sein. Aber wenn es so kommt, läuft es unausweichlich schief.“
„Das ist nicht immer …“
„War es für dich so mit diesem Mann?“, unterbrach er. „Hast du dich Hals über Kopf verliebt?“
Sie zögerte.
„Siehst du?“, hakte Harry sofort ein.
„Was ich sehe, ist, dass deine Einstellung eine wundervolle Ausrede dafür liefert, ohne Angst vor Repressalien eine Beziehung nach der anderen einzugehen. Du führst das wundervollste Leben überhaupt. Du kannst mit einer Frau ins Bett gehen, sooft du willst, und wenn du genug von ihr hast, speist du sie mit einem Lächeln ab und sagst: ‚Ich habe dich ja von Anfang an gewarnt, was du zu erwarten hast.‘ Ich finde das … geschmacklos.“
„Geschmacklos?“
Unter anderen Umständen hätte Gina über seine entrüstete Miene lachen müssen. Seltsamerweise wirkte sein wachsender Unmut beschwichtigend auf sie. „Ganz genau. Du kannst mir nicht erzählen, dass sich keine deiner Freundinnen in dich verliebt hat. Denn was neuerdings auch immer erzählt wird, Sex bedeutet einer Frau auf emotionaler Ebene mehr als einem Mann. Der bloße Vorgang bedingt schon, dass eine Frau einem Mann gestattet …“ Sie hielt abrupt inne, als er spöttisch eine Augenbraue hochzog.
„Ja?“
„Dass sie ihn in ihren Körper einlässt“, vollendete sie tapfer und fragte sich, warum sie ausgerechnet ihm Sexualkundeunterricht gab. „Bei einem Mann ist es dagegen …“
„Inbesitznahme?“
„Richtig.“
„Du glaubst nicht, dass ein Mann mehr als körperliche Befriedigung oder Genugtuung empfindet?“
„Das habe ich nicht gesagt. Aber es ist nun mal etwas anderes.“
„Es lebe der kleine Unterschied!“
Steif bemerkte Gina: „Es tut mir leid, wenn du es altmodisch oder amüsant findest, aber ich denke nun mal, dass Liebe im Spiel sein sollte, wie es auch immer enden mag. Und ich weiß, dass es in keiner Beziehung eine Garantie gibt. Ich lebe schließlich nicht in einem Wolkenkuckucksheim.“
„Ich habe mich nicht über dich lustig gemacht.“
Und Schweine können fliegen …
„Es gab sogar eine Zeit, als ich dieselben Ansichten vertreten habe. Aber das ist lange her.“ Harry schwieg einen Moment. „Die Leute ändern sich. Das Leben verändert sie.“
Sie sagte nichts dazu. Seine letzte Bemerkung verblüffte sie. Sein Ton und seine Miene wirkten plötzlich ganz fremd.
„Ich bin wohl ziemlich selbstgenügsam und
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