Stern der Leidenschaft
Gussform. Bronzen schimmerte ihre Haut, und ihr Haar fiel ihnen, genau wie Daldens Mähne, in goldenen Wellen bis auf die Schultern. Nur durch ihre markanten Gesichter unterschieden sie sich voneinander. Diese ungeheure Ähnlichkeit brachte Brittany auf einen Gedanken. Sie wusste nicht, wie der Trick funktionierte, doch die blonden Hünen mussten eine Illusion, eine optische Täuschung sein. Jorran und seine Leute sollten glauben, die Situation habe sich zu ihrem Nachteil verändert und sie hätten es nun mit einer Übermacht von Sha-Ka’anis zu tun. Brittany versuchte, die Leute in der Rathaushalle zu beruhigen. Sie kämpfte sich durch die wild durcheinander laufende Menge und wiederholte immer wieder: »Sie sehen eine Darbietung unserer Theatergruppe. Es handelt sich um einen Schaukampf. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Genießen Sie die Vorstellung.« Nun konnten die Leute das Blut, falls welches floss, für Ketchup halten. Aber Brittany wusste nur zu gut, dass es echt war. Sie wagte nicht, zu den beiden Widersachern hinüberzusehen. Nur das Klirren der Klingen sagte ihr, dass der Kampf in vollem Gange war. Sie hielt Corth II am Arm fest und fragte: »Warum helfen Sie Dalden nicht, Jorran zu entwaffnen? Dann wäre der ganze Spuk in einer Minute vorbei.« »Dalden zerlegt mich in meine Einzelteile, wenn ich mich in diesen Kampf einmische«, antwortete Corth II. »In solchen Dingen sind Krieger ziemlich eigen.« »Sie in Ihre Einzelteile zerlegen?«, fauchte Brittany. »Genau das werde ich eigenhändig tun, falls Dalden etwas zustößt.«
Corth II lächelte. »Solange noch Leben da ist, steht einer erfolgreichen Reparatur nichts im Wege.« Eine ziemlich eigenartige Weise, auszudrücken, dass einen die Ärzte wieder zusammenflicken konnten, wenn man keine unmittelbar tödlichen Verletzungen erlitten hatte. Corths Sorglosigkeit hätte Brittany beruhigen sollen. Aber noch immer rauschte ihr das Blut in den Ohren. Zögernd wagte sie einen kurzen Blick in die Mitte des Raumes, wo sich die Kämpfenden im Kreis bewegten, und bereute es sofort. Nun konnte sie ihre Augen nicht mehr abwenden. Blut auf dem weißen Steinboden. Doch es war noch nicht allzu viel, und bisher schien nur Jorran verletzt zu sein. An seinem linken Oberarm klaffte ein Riss in dem seidenen Hemd, und ein rotes Rinnsal tränkte den feinen Stoff bis hinunter zu Jorrans Ellbogen. Schon deutlich mehr Blut tropfte ihm aus der Nase und aus einem Schnitt über dem Wangenknochen. Diese Verletzungen mussten von einem Schlag mit der breiten Fläche von Daldens Schwert herrühren. Doch keine seiner Wunden verlangsamte die wirbelnden Bewegungen, die Jorran mit dem rechten Arm vollführte. Pausenlos und mit unglaublicher Geschwindigkeit kamen seine Angriffe, die Dalden tiefe Schnittwunden beibringen sollten. So wie es aussah, musste das Razor-Schwert federleicht sein. Bisher waren Jorrans Bemühungen jedoch erfolglos geblieben, denn Dalden fing mit seinem Schwert und noch viel häufiger mit seinen Armschilden die zahllosen Hiebe ab und lenkte sie ins Leere.
Auch Dalden benutzte seine Waffe, doch auf ganz ungewöhnliche Weise. Jedes Mal, wenn Jorran sich in seiner Ungeduld etwas zu weit vorwagte, packte Dalden behände das rechte Handgelenk seines Gegners und ließ das Kampfschwert wie einen Knüppel auf ein verletzliches Körperteil herabsausen. Er schlug nur mit der flachen Seite der Klinge zu, nie mit der scharfen Kante. Dalden hätte Jorran ohne weiteres entwaffnen oder gar töten können. Doch er brach ihm beinahe systematisch nacheinander einige Rippen und das Nasenbein.
»Er spielt mit ihm«, rief Brittany ungläubig. Ärger mischte sich in ihre Angst. »Gut erkannt«, bestätigte Corth II. »Aber Jorran würde Dalden doch sofort umbringen, wenn er nur könnte.« »Ohne Zweifel.«
»Warum setzt Dalden sich denn unnötig einer solchen Gefahr aus?«, wollte sie wissen. »Weil er ein Krieger ist.«
»Und das bedeutet, er muss, anstatt die Sache auf dem schnellsten und einfachsten Weg zu erledigen, hier den starken Mann spielen? Das ist ja wie im Mittelalter!« »Ich finde, ›barbarisch‹ ist der bessere Ausdruck dafür«, antwortete Corth II.
Dabei huschte ein Grinsen über sein Gesicht. Wahrscheinlich hatte er gerade einen Witz gemacht, den sie wieder einmal gar nicht lustig finden konnte. Brittany verspürte plötzlich selbst ein ziemlich barbarisches Verlangen – nämlich Corth II eine schallende Ohrfeige zu versetzen. War sie denn die Einzige,
Weitere Kostenlose Bücher