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Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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durchströmte Lea, als sie sich auf den Weg zurück zu ihrer Pension machte. Hardy würde sie zu Rebekka bringen. Die lange Reise kam endlich ihrem Ende entgegen! Lea wurde leicht ums Herz. Rebekka würde Augen machen, wenn sie so plötzlich vor ihr stand. Eine unbändige Vorfreude stieg in Lea auf.
    Als sie am Anlegeplatz vorbeikam, fielen Lea die vielen Dampfboote auf. Langsam schlenderte sie an den Schiffen und Landungsgebäuden entlang. Während sie den Blick über die Häuser gleiten ließ, bemerkte Lea einen Aushang, der an einem der Gebäude angeschlagen war. Wie gebannt blieb Lea davor stehen. Zu sehen war ein Raddampfer, der scheinbar orientierungslos in einer starken Strömung trieb. Teile der Decksaufbauten flogen durch die Luft, andere schwammen schon im Wasser. Dampfwolken hüllten das Schiff ein, dessen hintere Hälfte in Flammen stand.
    Leas Magen zog sich zusammen. Ein Unglück, dachte sie und versuchte den Text auf dem Aushang zu entziffern.
    Ein junger Mann stellte sich neben Lea. »Ist vor einigen Wochen passiert. Meine Zeitung hat ausführlich darüber berichtet.« Er streckte ihr die Rechte entgegen. »Ich bin Dieter Kobinki und arbeite für ein deutsches Blatt. Sie sind neu hier, nicht wahr?«
    Lea nickte.
    »Mittlerweile habe ich ein Auge für Ankömmlinge aus der alten Heimat.«
    »Lea Brons. Sie schüttelte seine Hand. »Dieses Unglück dort. Was ist passiert?«
    »Auf der Strecke von St. Louis nach Quincy ist bei dem Schiff der Dampfkessel explodiert. Kaum jemand hat überlebt. Die Passagiere sind entweder verbrannt oder im Rauch erstickt.« Der Journalist nahm seinen Hut ab, wie um der Verstorbenen zu gedenken. »Das Unglück hat alle hier am Mississippi erschüttert. Da die Namen der Überlebenden bekannt waren, haben die Behörden anhand der Passagierliste die Anschriften der Toten ermittelt und die Angehörigen informiert.«
    Lea hörte ihm zu, vermochte aber nicht, die Augen von dem Plakat zu lösen. Undeutlich konnte man den Namen des Dampfschiffes lesen: Lucky Star . Lea stutzte. Warum kam ihr das so bekannt vor? Und plötzlich wurde ihr klar, wo sie den Namen schon einmal gehört, nein gelesen hatte. In einem von Rebekkas Briefen! Sie hatte ein Billett für die Lucky Star gekauft. Rebekka war mit diesem Dampfer gefahren! Lea fasste sich an die Kehle.
    »Ist Ihnen nicht gut?«, fragte der Journalist besorgt.
    Lea kramte mit zitternden Händen Rebekkas Brief hervor. Sie glättete die Seiten und fand den Namen: Lucky Star!
    »Der Dampfer … An welchem Tag ist das Unglück passiert?«
    »Dieses Schiff ist nur ein einziges Mal unterwegs gewesen. Der Eigner hatte verdammtes Pech. Das Unglück ereignete sich auf der Jungfernfahrt.«
    Lea spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg. Das konnte einfach nicht wahr sein! Es durfte nicht wahr sein. Rebekka! Ein stummer Schrei kam über ihre Lippen. Doch es gab keinen Zweifel. Rebekka war an Bord des Schiffes gewesen. Und plötzlich stieg ein Bild vor ihrem inneren Auge auf. Sie sah Ferdinand Gärber und hörte seine Stimme. Es gibt niemanden, der auf dich wartet. Lass dir das gesagt sein. Ich weiß es! Dieser Kerl hatte gewusst, dass Rebekka tot war. Großmutter hatte eine Nachricht erhalten, die er an sich genommen hatte. Rebekka musste, warum auch immer, ihre alte Adresse auf der Passagierliste angegeben haben.
    Lea hörte einen heiseren erstickten Schrei und wusste nicht, dass sie es war, die ihn ausgestoßen hatte. Das Blut pochte ihr in den Ohren. Sie sah Dieter Kobinkis besorgtes Gesicht wie durch einen Nebelschleier. Alles begann sich um sie zu drehen. Lea lief und wusste nicht, wohin. Sie schwankte, taumelte, brach in die Knie. Eine Kältewelle wogte über sie hinweg.
    »Es ist nicht wahr! Ich könnte es nicht ertragen!«
    Unbewusst war ihr klar, dass sie es würde ertragen müssen. Rebekka war tot.
    Lea sah sich selbst, wie sie auf einem Dampfschiff steht und auf das Wasser des Mississippi hinunterstarrt. Plötzlich treibt aus der Tiefe des Flusses Rebekkas Körper an die Oberfläche. Sie sieht das lange dunkle Haar wie Tentakel und den aufgedunsenen Körper. Lea beugt sich vor, weit vor, sie fällt. Das Wasser des Flusses schlägt über ihr zusammen und verschlingt sie beide. Tot. Vorbei. Nie wieder …
    Lea erbrach sich und sank in den Sand.
    Wie konnte der Tag so strahlend blau und die Luft so hell sein? Die Nacht mit ihrer Schwärze war ihr lieber. Lea hatte geweint, bis keine Tränen mehr kamen, und war erst gegen Morgen in einen

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