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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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nicht, ihm zu gestehen, dass sie Angst hatte, den jungen Monot zu stören, der nebenan, auf der anderen Seite der Zwischenwand schlief, oder versuchte zu schlafen.
    Samstag, 16 . März
    Früh am Morgen hörte sie, wie Monot seine Koffer packte. Er hatte ihr schon gesagt, dass er sie erst zu Hause abstellen wollte, bevor er zur Versteigerung der Sammlung von Saint-Croÿ ging.
    Jetzt begann endlich die richtige Nacht mit Fabien. Es reichte, wenn das Zimmer bis vierzehn Uhr frei wurde. Bis dahin war es Viviane, die sich freimachte.
    Montag, 18 . März
    » Also, diese Auktion?«
    » Sie hätten kommen sollen, Commissaire, alles ist an diesem Vormittag sehr hochgegangen.«
    Viviane auch, aber wie sollte sie Monot das erklären? Die Presse war dithyrambisch, die Auktion hatte alle Erwartungen gesprengt.
    » War Saint-Croÿ zufrieden?«
    » Euphorisch, Commissaire. Wir haben kurz gesprochen, er wusste nicht, was ihm mehr Freude bereitete: sich für immer von Baudelaire und diesem Fall zu befreien; festzustellen, dass seine Sammlung von Kennern gut aufgenommen wurde; oder zu wissen, dass er nun mit freiem Kopf und Joa in die Ferien fahren konnte.«
    » Mit Joa?«
    » Ja. Und er schien erfreut, das laut und deutlich verkünden zu dürfen, dieser Filou.«
    An dem Punkt brach Viviane diese Unterhaltung ab, die eine Wendung genommen hatte wie das Ende eines schlechten Films. Monot ging hinaus, kam aber nach zehn Minuten ganz erleuchtet wieder. » Commissaire, es gibt da etwas Seltsames, es könnte sehr wichtig sein.« Er zeigte ihr den Verkaufskatalog der Auktion von Saint-Croÿ. » Es fehlt ein Stück, das wertvollste. Saint-Croÿ hat es nicht mit in die Auktion gegeben. Es ist das Manuskript von Die großherzige Magd.«
    » Die großherzige Magd, das war das Gedicht, das als Vergleich für die grafologische Analyse diente.«
    Aufgeregt schauten sie einander an. Es gab da etwas zu verstehen, sie wussten nicht, was, aber da war etwas. Jeder ging seiner Wege, um darüber nachzudenken.
    Es war Viviane, die am frühen Abend darauf kam. » Sie haben mir gesagt, dass Saint-Croÿ eine Fotokopie des Manuskripts von der großherzigen Magd gemacht hat, vor Ihren Augen. Hat er sie Ihnen noch warm gegeben?
    » Ja und nein: Er hat sie aus dem Papierausgabefach des Druckers genommen und vor mir in eine Mappe auf seinen Schreibtisch gelegt. Ich hatte sie vor Augen, bis ich zwanzig Minuten später gegangen bin.«
    » Los, kommen Sie schnell. Wir nehmen den Clio.«
    An diesem Abend streikten die Vorstadtzüge, der Verkehr kam schrecklich beschwerlich voran. Das war gar nicht schlecht, so hatte Viviane Zeit, sich zu erklären: » Man muss nach dem richtigen Warum fragen. Warum hat er das Manuskript der Magd nicht in den Verkauf gegeben? Weil er nicht wollte, dass man es mit der Fotokopie vergleichen kann. Und warum wollte er nicht, dass man sie vergleichen kann? Weil die Fotokopie, die er Ihnen für die grafologische Analyse gegeben hat, gefälscht war, sie lag schon vorbereitet in der Papierausgabe des Druckers.«
    Monot sah sie perplex an, Viviane fuhr fröhlich fort: » Das Sonett Die Eine, die Andere, so bestätigen beide Experten, ist von derselben Hand wie dieses falsche. Also ist es auch falsch. Und wer hat es als Erster für authentisch befunden? Saint-Croÿ, mit seinem angeblichen Brief von Pierre Dupont an Ernest Prarond wegen des spaltbreit geöffneten Tempels. Ich bin sicher, dass dieser Brief nie existiert hat. Das ist alles heiße Luft.«
    Monot nickte, er hatte verstanden, schien aber skeptisch zu sein: » Saint-Croÿ soll ein Sonett wie von Baudelaire erfunden haben, Die Eine, die Andere und es mit einer Baudelaires sehr ähnlichen Handschrift aufgeschrieben haben? Dann soll er mit derselben Schrift Die großherzige Magd kopiert haben, so dass die Experten Die Eine, die Andere im Vergleich unbedingt für authentisch befinden mussten? Ja aber, wozu soll das gut sein? Und warum diese ganzen Morde?«
    » Auf dieses Warum weiß ich keine Antwort, Monot. Aber wir werden es erfahren.«
    Je näher man der Seine kam, desto zäher wurde der Verkehr, desto aufgeregter wurde Viviane, die das streikende Frankreich beschimpfte.
    Monot versuchte, sie zu beruhigen. » Denken Sie daran, Sie sollten nicht…«
    Die ganze Stadt war nur noch ein wütender, regungsloser Schwarm. Die Kommissarin ließ den Clio schließlich auf einem Fußgängerübergang stehen und zwängte sich in Gesellschaft ihres Assistenten in die Metro. Man musste drücken, um

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