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und der sizilianische Dieb

und der sizilianische Dieb

Titel: und der sizilianische Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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wahrhaftig in großer Gefahr befunden.«
    »Sie sagten, Raphael wäre im Ölgeschäft?« erinnerte ihn Farrell.
    Die Lampe über Vica flackerte und beschattete flüchtig sein Gesicht. »Reine Tarnung. Der BCCI-Bank-Skandal brachte seinen Namen ans Tageslicht. Seiner war nur einer von vielen und anscheinend nicht sehr wichtig, bis Gerüchte und Meldungen verschiedener Geheimdienste in aller Welt ergaben, daß Raphael der große Unbekannte hinter dem Waffenschmuggel ist. Interpol wußte zwar, daß es ihn gibt, jedoch nicht, wer er ist.«
    »Und jetzt haben Sie ihn geschnappt«, sagte Farrell. »Was wird aus Raphael und seiner Mörderclique? Wenn man fragen darf.«
    Vica nickte beiläufig. »Sie werden angeklagt, es wird zum Prozeß kommen, alles wird zwar langsam aber unerbittlich seinen Lauf nehmen, mit Unmengen von Verteidigern. Nach einiger Zeit können Sie vielleicht ein wenig darüber in Ihrer Zeitung lesen, und falls es dramatisch genug hergeht, erfahren Sie möglicherweise in den Fernsehnachrichten etwas darüber. Aber es wird nicht viele interessieren, fürchte ich.«
    Sie schwiegen, bis sie Schritte und Stimmen auf dem Korridor hörten. Peppino und Kate kehrten mit Aristoteles zurück. Als sie in die Küche kamen, stand Vica auf. »Das ist also Aristoteles«, sagte er, »oder soll ich Sie lieber Mister Davidson nennen?«
    Aristoteles' Gesichtsausdruck war nicht zu entnehmen, daß er ihn erkannte. Er blieb völlig unbewegt, und seine Augen wirkten steinern.
    »Wollen wir gehen?« fragte Farrell und übernahm Peppinos Platz als Wächter.
    Vica ging bereits zur Tür, doch Mrs. Pollifax hatte noch etwas zu sagen. »Mister Bimms...?«
    Er drehte sich zu ihr um.
    »Ich persönlich möchte Ihnen danken, daß Sie vor Raphael flüchteten und zu uns kamen.
    Hätten Sie es nicht getan...« Sie ließ den Rest ungesagt, erwartete keine Antwort und bekam auch keine. Der Typ war er nicht, sondern der, welcher nur zu gern weitere Morde geplant hätte, wenn man ihm einen Computer oder Rechenschieber gegeben hätte. Es hätte ihn glücklich gemacht, die Schußlinie zu berechnen, die Entfernung, die richtige Waffe auszuwählen, die beste Verkleidung und den passenden Fluchtweg nach einem perfekten Treffer auszutüfteln - wenn Raphael seine Monomanie erkannt hätte. Ironischerweise war es der krankhafte Charakterzug, für den Mrs. Pollifax ihm danken mußte, denn der hatte schließlich zur Auflehnung und Flucht geführt.
    Vica und Farrell brachten ihn aus der Küche. Kate folgte ihnen und ließ Peppino, Franca und Mrs. Pollifax am Tisch mit den leeren Kakaotassen zurück. »Dann ist es also vorbei«, sagte Peppino erleichtert.
    »Ja«, erwiderte Mrs. Pollifax. »Aristoteles verläßt die Bühne.«
    »So viele Männer draußen!« sagte Peppino jetzt. »Die nicht von der Palermoer Polizei waren, verstanden kein Wort Italienisch. Was ist diese Interpol?«
    »Die internationale kriminalpolizeiliche Organisation«, erklärte ihm Mrs. Pollifax.
    Franca unterdrückte ein Gähnen. »Ich bin plötzlich entsetzlich müde«, sagte sie. »Es war ein anstrengender Tag. Ich beherbergte seit dem frühen Morgen einen skrupellosen Killer im Keller, schnitt mengenweise Tomaten, half eine kleine Armee von Gangstern abzuwehren und erhielt einen Heiratsantrag. Will denn heute nacht niemand zu Bett gehen?«

16
    Über Nacht schien wieder Ruhe in der Villa Franca eingekehrt zu sein, und sie brachte eine Änderung der gewohnten Abläufe: Als Mrs. Pollifax am Morgen in die Küche kam, war Igeia nirgendwo zu sehen, und auch der Tisch war nicht fürs Frühstück gedeckt. Doch jemand hatte Kaffee gekocht, und Mrs.
    Pollifax schnitt eine dicke Scheibe von dem Brotlaib auf der Anrichte ab, goß sich eine Tasse des lauwarmen Kaffees ein und zog sich damit in den Garten zurück, um über die Geschehnisse des vergangenen Abends nachzudenken. Und es gab wirklich viel zum Nachdenken, immerhin war nun ihr Auftrag, Farrell zu helfen, abgeschlossen, und am Nachmittag würde sie alles für ihren Rückflug arrangieren.
    Sie zupfte ein Estragonblatt aus dem Kräuterbeet und fand seinen Duft so köstlich wie stets.
    In ihrer Erinnerung würde die Villa Franca wohl immer mit dem würzigen Duft von Estragon verbunden sein. Es würde ihr fehlen. Wenn sie hier Abschied nahm, würde sie wieder in eine Welt unentrinnbarer Kommunikation zurückkehren, zu heißem Wasser, das floß, wenn man am Hahn aufdrehte, zu Licht, das anging, wenn man auf den Schalter drückte, zu

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